: Ambulanz gegen Kindesmisshandlung
OPFERSCHUTZ Rechtsmediziner in Hannover klären Kindesmissbrauch auf, notfalls auch online
Mit der Gründung der Kinderschutzambulanz in Hannover hat Niedersachsen Neuland betreten: In der bislang einzigartigen Anlaufstelle sind seitdem mehr als 30 Kinder zwischen zwei Monaten und elf Jahren auf möglichen Missbrauch und Misshandlung untersucht worden.
Wesentlich dabei ist, dass Klinikärzte oder niedergelassene Kinderärzte auch ohne dass eine Anzeige vorliegt, die Hilfe von Rechtsmedizinern in Anspruch nehmen können. Ausschlaggebend für die Gründung war laut Sprecherin des Sozialministeriums, das die Einrichtung über drei Jahre hinweg mit insgesamt 285.000 Euro unterstützen wird, der Wunsch, „das Fachwissen in einem Flächenland zu verteilen“.
Angesiedelt ist die Ambulanz am Institut für Rechtsmedizin, beraten wird aber auch über eine Telefonhotline, Befunde können anonymisiert online übermittelt werden. Um bei Verdachtsfällen auf Missbrauch oder Misshandlung niedrigschwellig und ohne großen praktischen Aufwand beraten zu können, gibt es die Möglichkeit des „Tele-Konsils“. Dazu fotografieren die niedergelassenen Ärzte unklare Befunde vor Ort, die dann von den Rechtsmedizinern in der Ambulanz begutachtet werden.
Ein weiterer, immer wieder eingeforderter Baustein in der Arbeit ist die Schulung von Kinderärzten, um Misshandlungen möglichst früh zu erkennen. Denn häufig finden die Eltern oder Betreuungspersonen Ausflüchte, um die Verletzungen der Kinder zu erklären. In der Ambulanz hilft ein Biomechaniker, mögliche Tathergänge zu rekonstruieren. Dann zeigt sich, ob das Kind tatsächlich von der Wickelkommode gefallen oder beim Baden aus der Hand gerutscht ist – oder ob der Oberarm durch gezielte Gewaltanwendung gebrochen wurde.
Der Vorsitzende des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte in Niedersachsen, Tilmann Kaethner, hat die Gründung der Ambulanz begrüßt – und betont, dass sie sich „im Bewusstsein der Ärzte verankern muss“. GRÄ