: „Was maße ich mir da an?“
DEBÜT Johannes Naber hat seinen ersten Spielfilm gedreht – über einen Albaner, der in Deutschland untertaucht. Ein Gespräch über die lange Reise zum Dreh, vernichtende Vaterurteile und den deutsch-albanischen Filmfilz
■ Der Regisseur: Johannes Naber, 40 Jahre alt, ist in Baden-Baden geboren. Nach einigen Semestern Philosophie und Indischer Philologie in Berlin studierte er Dokumentarfilmregie an der Filmakademie Baden-Württemberg. Seinen Lebensunterhalt verdiente er jahrelang als Oberbeleuchter bei Film und Fernsehen. Sein Vater Hermann Naber hat lange die Hörspielabteilung des SWF geleitet.
■ Der Film: Seit Donnerstag läuft „Der Albaner“, ausgezeichnet unter anderem mit dem Max-Ophüls-Preis, in den Kinos. Naber kontrastiert das Leben eines Illegalen in Deutschland mit Bildern aus dessen albanischer Heimat.
■ Das Problem: In der Hoffnung auf ein besseres Leben im Ausland verlassen viele Albaner ihre Heimat. Ohne Aufenthaltsgenehmigung bleibt ihnen oft nur die Kriminalität, um Geld zu verdienen. Schätzungen zufolge leben bis zu einer Million Menschen ohne gültige Papiere in Deutschland.
INTERVIEW DAVID DENK
taz: Glückwunsch, Herr Naber, Ihr Film „Der Albaner“ ist am Donnerstag tatsächlich als „Der Albaner“ ins Kino gekommen. Zwischenzeitlich sah es nicht danach aus. Warum?
Johannes Naber: Der Verleih wollte das „böse A-Wort“ verbannen, weil Kinobetreiber den Titel für Kassengift hielten. Das kam für mich überraschend: Ich hatte „Der Albaner“ bis dahin für zu reißerisch, kommerziell gehalten. Ich bin immer noch baff erstaunt, wie ultrahart die Realität im deutschen Kinogeschäft für Arthousefilme ist. Dass der Film jetzt doch nicht arg gefühlig „Der Weg des Shqipetaren“ heißt, hat praktische Gründe: Erstens war er durch den Ophüls-Preis schon als „Der Albaner“ bekannt, zweitens wäre es sehr teuer gewesen, im Filmnegativ noch mal den Titel auf dem Bild zu ändern.
Das Image des Albaners in Deutschland ist schlecht.
Die Klischees sind sehr klar umrissen: Mafia, Menschenschlepper, Hütchenspieler, Balkankriege. Wie ich lernen musste, wissen das die Albaner selbst am besten.
Sie haben Blutrache vergessen.
Das Thema wollte ich unbedingt aus dem Film raushalten, gerade weil es dir als europäischem Geschichtenerzähler gleich auf die Augen klatscht, dieses Fremde, Wilde, Archaische.
In Ihrem Abschlussfilm „Popstar“ gehen Sie der Frage nach, wie viele Kompromisse man machen muss, um im Musikgeschäft erfolgreich zu sein. Wie viele mussten Sie für „Der Albaner“ machen?
Sehr wenige. Natürlich habe ich „Popstar“ gemacht, weil ich mir diese Frage nach der Filmhochschule selber gestellt habe. Meine Antwort war: Bevor ich Kompromisse mache, gehe ich lieber mit meiner Kompromisslosigkeit unter. Und meine Beharrlichkeit war der Schlüssel dazu, dass ich „Der Albaner“ überhaupt machen konnte, dass die Redaktionen beim SWR und bei Arte gesagt haben: Wir glauben dem jetzt einfach mal, dass er seine Chance braucht.
Machen Sie sich da nichts vor?
Du weißt natürlich nie, wie groß die Schere im Kopf ist, aber ich glaube, dass ich sie klein gehalten habe. Zum Beispiel wollte ich den Film in drei Blöcken drehen: den Anfang in Albanien, den langen Mittelteil in Deutschland und zum Schluss noch mal in Albanien, weil es dem Hauptdarsteller wegen der immensen Entwicklung seiner Figur nicht zuzumuten ist, Anfang und Ende auf einmal zu drehen. Als mir mein Produzent eröffnete, dass es keine zwei Drehblöcke in Albanien geben sollte, bin ich aufgesprungen und habe mich in meinem Hotelzimmer eingeschlossen. Es hat, glaube ich, 24 Stunden gedauert, bis ich meinen Willen bekommen habe.
Wie lange gehen Sie schon mit dem Projekt schwanger?
Seit etwa zehn Jahren. Zwei Jahre nach dem Diplom 1999 habe ich einem Freund, der Produzent werden wollte, beim Bier erzählt, dass man doch mal einen Film darüber machen müsste, warum so viele „Illegale“ hier auf den Straßen Drogen verkaufen, was sie nach Deutschland und in die Kriminalität treibt. Daraufhin haben wir einen Kleinbus gekauft, sind nach Albanien gefahren und haben dort Interviews geführt. Nach der Rückkehr ist uns klar geworden, dass man vielleicht doch einen Produzenten mit Erfahrung braucht. Der Profi, den ich dann fand, wollte einen Mafiafilm draus machen und ging pleite.
Und dann?
Ein anderer Freund von mir, der Produzent Boris Schönfelder, entschloss sich schließlich, einzusteigen. Und dann klappte es auf wundersame Weise doch noch mit dem SWR, obwohl die das Buch schon einmal abgelehnt hatten und es eigentlich die Regel gibt, dass man nur einen Versuch hat. Bevor sie zugesagt haben, sollte ich aber erst noch einen Kurzfilm drehen, um zu beweisen, dass der Dokumentarfilmer auch Spielfilm kann. Bis wir wussten, der Film wird gedreht, hat es acht Jahre gedauert, bis zur Fertigstellung zehn.
Ein langer Weg.
Ja, einen Film zu machen, gerade den ersten, ist eine Reise, mit Umwegen, Sackgassen, Momenten der Einsamkeit. Bei jedem Film gibt es einen Hauptreiseprotagonisten – bei „Der Albaner“ war das ich, es kann aber auch der Produzent sein, der zu einer Idee dann den passenden Autor und Regisseur sucht.
Wie hat sich die erste Filmidee dann konkretisiert?
Durch die Recherche. Ich komme ja vom Dokumentarfilm – und was ich da gelernt habe, ist: Wenn du etwas erzählen willst, dann musst du verdammt nochmal genau wissen, was. Mein alter Vater hat mich nach der Filmhochschule auf einem Waldspaziergang mal gefragt: „So, Sohn, du willst jetzt also Regisseur sein?“ Mein Vater war Hörspielregisseur und nicht der schlechteste, dagegen musste ich immer ein bisschen ankämpfen. Und er fragte weiter: „Sind das deine Geschichten, die du verfilmst, oder schreibt die jemand?“ Ich stell mir das schon so vor, dass ich mir die Geschichten ausdenke, antwortete ich. Dann sagte er: „Glaubst du nicht, dass deine Biografie viel zu langweilig ist, als dass es irgendjemanden interessiert, was du zu erzählen hast?“
Uff.
Ja, das saß. Und ich dachte: Alles klar, du Arsch. Ich hatte aber selber die Schnauze voll von diesen selbstreflexiven Therapiefilmen, in denen Leute Geschichten erzählen, nur um ihre Vergangenheit aufzuarbeiten, ihr ganzes erbärmliches Leben.
Ihr Abschlussfilm „Popstar“ war doch auch selbstreflexiv.
Aber es drängt sich für Außenstehende nicht auf, dass es letztlich auch um mich ging. Natürlich beeinflusst dein eigenes Leben die Geschichten, die du erzählst. Ich reibe mich seit der Pubertät an meiner intellektuell-bürgerlichen Herkunft. Ich habe schon früh die Rebellion geprobt – was in einem Kaff wie Baden-Baden nicht schwer war. Deswegen bin ich nach der Filmhochschule hier in Berlin an den Hermannplatz in Neukölln gezogen, das war 1999 noch ein härteres Pflaster als heute. Hier bin ich dann auf Leute gestoßen, die ohne Aufenthaltstitel in Deutschland waren. Deren Geschichten waren so grausam, so bizarr. Vor mir hatte sich eine Aufgabe aufgetan: Ich wollte den Zuschauer zur Identifikation mit einem „Illegalen“ zwingen.
Wie haben Sie Gesprächspartner gefunden?
Die Kontaktaufnahme mit „Illegalen“ ist gar nicht so schwer. Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus gibt es massenhaft, und da sie keine Lobby haben, sind sie sehr offen, wenn sich mal einer für ihre Schicksale interessiert. Schwieriger wird es, wenn man in deren Arbeitswelten schauen will. Da gibt es starke Vertuschungsinteressen.
Was hat Sie besonders schockiert?
Dass „Illegale“ in der Gastronomie und in der Baubranche arbeiten, damit rechnet man. Aber dass Menschen in ihren Heimatländern für Geld an eine „Arbeitsstelle“ in Deutschland vermittelt werden und dann hier erst mal unter grotesken Bedingungen ihre Schulden abarbeiten müssen, das vermutet man höchstens in der Prostitution. Dieser moderne Sklavenhandel ist aber in vielen Branchen in Deutschland Realität. Es ist unfassbar, wie unsere Gesellschaft diese Tatsache ignoriert.
Ist es nicht trotzdem ein bisschen eitel, das als Mission zu begreifen? Es ist doch nur ein Film.
Natürlich ist die Vorstellung naiv, mit einem Film für ein Nischenpublikum die ganze Gesellschaft aufrütteln zu wollen. 90 Prozent der Bevölkerung werden nie erfahren, dass es diesen Film gibt. Aber man muss sich doch seinen Motor für so eine Irrsinnsmission irgendwie zusammenschrauben. Der muss ja auch ein paar Kilometer halten.
Ihr Film ist eine deutsch-albanische Koproduktion. Wie findet man die albanischen Partner?
Um den Film auch wirklich aus der Perspektive eines Albaners erzählen zu können, brauchte ich deren kreativen Input. Mein deutscher Produzent war gar nicht begeistert davon, dass wir uns um eine albanische Filmförderung bewerben, weil er es für ein unkalkulierbares Risiko hielt. Das Vertrauen wurde auch nicht größer, als der Filmboardchef uns während eines Gesprächs Dritan Huqi vorstellte, den er als unseren Koproduzenten vorgesehen hatte und der sich urplötzlich aus dem Schatten der Raumecke löste. Was sich als Glücksgriff erweisen sollte, hat uns damals sehr befremdet, weil es doch stark nach Vetternwirtschaft roch.
Sie haben aber trotzdem keinen Rückzieher gemacht.
Am Ende war die Frage, ob man für dieses hehre Ziel, eine Koproduktion zu erreichen, um auf Augenhöhe diesen Film zu machen, bereit ist, einen Kompromiss in seiner eigenen moralischen Haltung zu Fragen von Klüngel und Korruption einzugehen. Ich weiß bis heute nicht mit Gewissheit, wie die Verwicklungen in der albanischen Produzentenszene tatsächlich sind. Ich habe nur meine Vermutungen. Mir ist dann aber klar geworden, dass auch die deutsche Filmwirtschaft ein einziges großes Roulette der Gefälligkeiten ist, hier wie dort eine Hand die andere wäscht. Was für ein Schwachsinn also, mich moralisch über die Albaner zu erheben.
Mit welchen Gefühlen sind Sie zu den Dreharbeiten gereist?
Wir hatten Angst, befürchteten, den Dreh abbrechen zu müssen wie viele Teams zuvor, die mit der Mentalität der Leute nicht klarkamen und verjagt wurden.
Wie haben Sie dann doch das Vertrauen der Leute an Ihren Drehorten gewonnen?
Indem wir nicht wie das Klischee eines Filmteams aufgetreten sind, wie eine Besatzungsmacht – die Geschichte Albaniens ist geprägt von Okkupationen, das kommt also schlecht an –, sondern den Leuten respektvoll begegnet sind. Und ihnen vermittelt haben, dass wir es ernst meinen mit unserem Vorhaben, eine Geschichte über Emigration zu erzählen, das große albanische Leitmotiv, und das daraus resultierende Leid.
Welche Rolle hat es bei der Entstehung des Films gespielt, dass die Albaner genau wissen, wie ihr Image in Mitteleuropa ist?
Vor allem Kulturschaffende befürchteten, dass wir wieder nur die bekannten Klischees reproduzieren würden. Ich wurde in Fernsehshows eingeladen und zu meinen Motiven befragt. Einige konnte ich auf meine Seite ziehen, bei anderen blieben die Ressentiments. Umso schöner war es, dass der Film in Albanien später sehr erfolgreich im Kino lief und sogar albanischen Filmemachern gefiel, die vorher gar nicht mit mir hatten sprechen wollen.
Was heißt „sehr erfolgreich“ in Albanien?
Wenn ich das wüsste! Ich wollte immer Zahlen sehen, Deutsche wollen ja immer Zahlen sehen. Das ist unsere Natur. Das Problem ist nur, dass der Albaner keine Statistiken erstellt. Aber soviel ich weiß, ist es einer der erfolgreichsten albanischen Filme seit der Wende, wenn nicht gar der erfolgreichste.
Wie waren die Drehbedingungen?
Abenteuerlich. Unser gesamtes, aus Deutschland mitgebrachtes Equipment musste in drei Sprinter-Busse passen. Und vor Ort, in diesem unzugänglichen Gebirge, war es die größte Herausforderung, Mensch und Material von A nach B zu bringen. In der ersten Drehphase hatten wir im Kosovo gemietete ausgemusterte UN-Jeeps, in der zweiten mussten wir uns mit Furgons behelfen, klapprigen Ford Transits, dem albanischen Ersatz für öffentlichen Personennahverkehr. Zu allem Überfluss gerieten wir dann auch noch in ein historisches Schneechaos, saßen mit vierzig Leuten in der Pampa fest, die wir wärmen und verköstigen mussten.
Ausnahmezustand also. Handyempfang gab es auch nicht, weswegen es meinen Regieassistenten viel organisatorisches Geschick gekostet hat, das auf verschiedene Schlafstätten aufgeteilte Team zusammenzuhalten. Regelrecht lustig war es dagegen, wie sich jeden Morgen eine Schlange vor einem Holzpflock bildete, der da in ein totes Flussbett gerammt worden war. Denn wenn man sein Handy genau auf eine Kulimarkierung auf diesem Pflock legte und drei oder vier Minuten wartete, hatte man plötzlich einen Balken. Netz! Ich konnte meinen Produzenten oft dabei beobachten, wie er in gebückter Haltung vor dem Pflock in sein Telefon brüllte. Großartig.
Wie haben Sie Ihre Darsteller gefunden?
Da es in Albanien keine Castingagenturen gibt, haben wir an jedem Baum, in jeder Kneipe, in jedem Theater Aushänge gemacht: Kommt an dem und dem Tag ins Nationaltheater oder auf den Sonstwie-Platz.
Fiel Ihnen die Wahl leicht? Teils, teils. Bei Nik Xhelilaj, dem Hauptdarsteller, war die Sache sofort klar. Der schlappte eines Tages mit so einer Selbstsicherheit rein, Fragen zu seiner Rolle hatte er keine, er spielte sie in drei verschiedenen Varianten runter und offenbarte dabei gleich sein Ausnahmetalent. Schwieriger war es bei dem Mädchen, für das ich zuerst eine albanische Nachrichtensprecherin im Auge hatte. Die verschwand plötzlich spurlos und tauchte nie wieder auf.
Sie wissen bis heute nicht, was passiert ist?
Mir wurde kolportiert, dass sie einen neuen Freund hatte, der ihr aus Eifersucht untersagt hat, im Film mitzuspielen. Das Patriarchat ist in Albanien noch nicht vorbei. Also habe ich mich zehn Tage vor Drehbeginn an Xhejlane Terbunja, eine Schauspielerin aus dem Kosovo, erinnert, die toll war, aber mit starkem kosovarischen Dialekt sprach. Für sie war das wie ein Anruf aus Hollywood.
Ihr Hauptdarsteller Nik Xhelilaj hat seit „Der Albaner“ schon ein paar weitere Filme gedreht.
Nein, er dreht jetzt die ersten beiden, in Portugal und London. In Albanien hat er danach keine Rollen gefunden, weil er so mit dem Arben aus dem Film identifiziert wurde. Er war plötzlich wahnsinnig bekannt, aber arbeitslos. Zum Glück hat er dann für den Übergang ein Engagement am Nationaltheater in Tirana bekommen.
Wie ist Ihr Verhältnis heute?
Brüderlich. Wir sind einander sehr nahe. Nik weiß, was er dem Film zu verdanken hat, und ich weiß, was der Film ihm zu verdanken hat. Nik hat mit einer Akribie am Buch und an seiner Rolle gearbeitet, die ich diesem eigentlich stinkfaulen Typen zunächst nicht zugetraut hätte. Ich habe ihm gesagt: Ich bin kein Albaner, verstehe die Dialoge auf Albanisch nur teilweise, du musst mir sagen, wie Arben agiert, fühlt, denkt. Mir war klar, dass das die Methode sein muss, sonst reproduzieren Schauspieler nur das, wovon sie denken, dass es dem Regisseur gefällt.
„Der Albaner“ ist Ihr Spielfilmdebüt. An welchen Regisseuren haben Sie sich bei der Arbeit mit den Schauspielern orientiert? Ich konnte in meiner jahrelangen Tätigkeit als Oberbeleuchter viele Regisseure bei der Arbeit beobachten, war als Gast bei Seminaren von Schauspielcoaches. Außerdem habe ich viel über Peter Zadek gelesen. Der war der Großmeister im Negieren jeglicher Reaktion auf das, was die Schauspieler auf der Bühne machen. Seine Regie bestand in Nichtregie. Und mit diesen perfiden Mitteln hat er natürlich doch ganz stark Regie geführt. Das hat mich tief beeindruckt.
Wie sehen Sie Ihren Film heute, mit einigem Abstand?
Mittlerweile sehe ich ganz klar, was gelungen ist und was nicht. Zum Beispiel bin ich daran gescheitert, ein gültiges Bild von ganz Albanien zu zeichnen. Ich zeige nur einen kleinen Ausschnitt, etwa so viel, wie Oberbayern über Deutschland aussagt. Auf der anderen Seite bin ich sehr stolz darauf, wie Arben als Kern der Geschichte vom jungen Springinsfeld zur gebrochenen Gestalt wird, die immense Entwicklung dieser Figur.
Um noch einmal das Bild von der Reise aufzugreifen: Was war die wichtigste Lektion auf Ihrem Weg zum Film? Drei, vier Tage vor Drehbeginn saß ich an einem Lagerfeuer in diesem trockenen Flussbett in den Bergen, schaute mich um und sah in die Gesichter der Crew, vierzig Menschen, Deutsche und Albaner, die nur wegen meiner irren Idee ans Ende der Welt gekommen waren. Und da dachte ich mir: Was maße ich mir da eigentlich an, eine Geschichte über Albanien erzählen zu wollen. Wo habe ich alle diese Menschen hingebracht, die mir vertrauen und glauben, dass ich weiß, wo es langgeht. Da habe ich etwas Angst bekommen.
Wie sind Sie damit umgegangen?
Ich habe meinem Kameramann davon erzählt, der neben mir saß und im Feuer rumstocherte. Und Sten hat gesagt: „Du hast Recht, es ist Irrsinn, was wir hier machen, aber es gibt keinen Weg zurück. Du musst jetzt deiner Idee vertrauen, genau so, wie es die vierzig Leute hinter dir tun.“ Er hatte Recht. Der Zweifel muss dein bester Freund sein, solange du eine Sache planst. Aber in der Umsetzung musst du dir selbst vertrauen, Hasardeur sein.
■ David Denk, 30, ist taz-Redakteur und war schon mal im Kosovo