: OFF-KINO
LARS PENNING
Eine überaus interessante Produktionsgeschichte weist der deutsche Spielfilm „Titanic“ aus dem Jahr 1943 auf. Gedacht war die Geschichte um den Untergang des Luxusliners Titanic als ein Spektakel mit klar antibritischer Tendenz: Die Gesellschaft an Bord des Schiffes besteht aus dekadenten Aristokraten und Finanzjongleuren, die – einem alten, zu diesem Zeitpunkt längst widerlegten Gerücht zufolge – schließlich den Untergang des Dampfers verschulden. Um seine Firma zu retten, drängt der Vorstandsvorsitzende der Reederei auf einen Weltrekord für die schnellste Atlantiküberquerung und animiert den Kapitän zur unverantwortlichen Höchstgeschwindigkeit in einer Treibeiszone. Bereits während der Dreharbeiten des Films ging allerlei schief, der zweifellos tragischste Zwischenfall ereignete sich, als der Regisseur Herbert Selpin von der Gestapo verhaftet wurde, weil er sich abfällig über das Nazi-Militär geäußert hatte und eine Entschuldigung verweigerte. Wenig später war Selpin tot, man fand ihn erhängt in seiner Zelle. Werner Klingler stellte „Titanic“ fertig, doch der Film wurde nach seiner Premiere in Paris gleich wieder verboten: Statt der antibritischen Tendenzen sahen die Zuschauer eher eine Parallele zwischen dem Untergang des Schiffes und dem nahenden Ende des Großdeutschen Reichs, denn die Panikszenen erinnerten stark an das reale Chaos der Bombennächte in den deutschen Städten. In der Bundesrepublik kam der Film dann 1950 in einer gekürzten Version ins Kino, direkt nach dem Krieg hatten die Westalliierten „Titanic“ als Propagandafilm zunächst erneut verboten. Im Osten hingegen durfte der Film laufen, den Russen kam seine antikapitalistische Stoßrichtung gerade zupass (5. 12., Zeughauskino).
Isao Takahatas jüngste Regiearbeit „Die Legende der Prinzessin Kaguya“ sieht vollkommen anders aus als die Animes, die man sonst vom Studio Ghibli gewohnt ist: Im Stil hauchfeiner japanischer Tuschzeichnungen erzählt der Mitbegründer des Studios hier ein legendäres Märchens aus dem Mittelalter um eine als Däumling auf der Erde gefundene Mondprinzessin. Die Geschichte selbst ist letztlich deutlich Ghibli-typischer: ein schönes moralisches Gleichnis über die Bedeutung immaterieller Werte. Denn was wirklich zählt im Leben, so findet die Prinzessin im Laufe ihres Erdaufenthaltes schnell heraus, das sind die Begegnungen mit anderen Menschen, die Freude an der Natur und die Liebe der Eltern – und nicht abstruse Reichtümer oder das reglementierte Leben in einem Palast (4. 12.–8.12., 10. 12. Sputnik; 4. 12–5. 12., 8. 12.–10. 12. Eiszeit; 6. 12. Moviemento; 6. 12.–7. 12. Filmtheater am Friedrichshain, Neue Kant Kinos; 9.12.–10. 12. Moviemento).