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Archiv-Artikel

hamburger szene Zwei Stimmen

Manchmal muss ich im Traum dringend irgendwo hin, aber ich komme einfach nicht an, egal wie schnell ich renne. Die Realität ist manchmal so ähnlich, zum Beispiel auf meinem Heimweg.

An der S-Bahn-Station habe ich die Auswahl zwischen der S 1 auf dem linken Gleis, die unterirdisch fährt, und der S 31 auf dem rechten Gleis, die oberirdisch fährt. Ich mag Tageslicht, und deshalb setzte ich mich in die S 31. Die Bahn gegenüber fuhr los, und nur meine eigene stand. Von Minute zu Minute wurde ich unruhiger. Meine Denkstrukturen sind mit den typischen menschlichen Fehlern behaftet: Wie in Schockstarre ließ ich auf dem gegenüberliegenden Gleis auch die zweite S-Bahn durchfahren. Irgendwann musste die verdammte S 31 doch vom Fleck kommen.

Tat sie dann auch, allerdings sechs Minuten zu spät. Am Hauptbahnhof war ich deshalb um 19.55 Uhr. Mein Nahverkehrszug in Richtung Heimat war pünktlich um 19.54 Uhr abgefahren. Ich war müde, ich wollte nach Hause, in wenigen Minuten sollte ein ICE fahren. Das Ticket für 7 Euro habe ich zähneknirschend gekauft. Als ich am Gleis ankam, sprang die Anzeigetafel um: 25 Minuten Verspätung. „Hätte ich die linke S-Bahn genommen, hätte ich das verdammte Ticket nicht gekauft …“, klang eine Stimme in meinem Kopf. „Du kannst dein Leben nicht optimieren. Das Leben passiert einfach“, antwortete eine andere. So stieg ich in den ICE. Dort gab es nicht einmal einen Schaffner, der mein Ticket sehen wollte. Karin Christmann