Wulff kraxelt in der Eiger Nordwand

Niedersachsens Regierungschef legt den Haushaltsplan 2008 vor: Historische Ankündigungen, ein wenig Geld für alle, ein Pensionsfonds. Die Opposition hält das Zahlenwerk für einen Wahlkampf-Etat

Erneut nutzte Christian Wulff sein bereits abgegriffenes Lieblings-Bild: „Wir sind noch nicht auf dem Hochplateau, sondern immer noch in der Eiger Nordwand.“ Wie lange Niedersachsens Regierungschefs noch in den Berner Alpen kraxeln will, ist ungewiss: Gestern legte Wulff auf jeden Fall einen Haushaltsplan für das kommende Jahr vor, der ihn „extrem stolz“ macht. 2008 werde Niedersachsen weniger Kredite aufnehmen als zuletzt 1973, rund 600 Millionen Euro, sagte Wulff.

Im Jahr 2010 will er sogar erstmals seit Bestehen Niedersachsens 1946 damit anfangen, den inzwischen auf 50 Milliarden Euro angewachsenen Schuldenberg abzubauen. Ob die Steuereinnahmen dann immer noch so sprudeln wie zur Zeit, ob der Ministerpräsident dann immer noch in Hannover regiert, ist völlig ungewiss. Aber: Mit den historischen Ankündigungen präsentiert sich Wulff für die Wahlen im kommenden Januar als solider Konsolidierer. Im Bundesvergleich ist er damit keineswegs als Spitzenreiter: Bayern oder Sachsen fangen bereits in diesem Jahr mit dem Schuldenabbau an.

Es gebe kein Ressort, dass über bereits beschlossene Kürzungen hinaus habe Einbußen hinnehmen müssen, sagte Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) nach der zweitägigen Klausur des Kabinetts auf Burg Warberg bei Helmstedt. Waren die Haushaltsberatungen zuvor stets Sparrunden gewesen, rieselt diesmal mit dem 23,5 Milliarden-Etat ein warmer Geldsegen quer über alle Ministerien. Grund dafür sind erwartete Steuermehreinnahmen in Höhe von über einer Milliarde Euro sowie weitere Millionen, die in den vergangenen Jahren zwar vom Parlament bewilligt, aber nicht ausgegeben worden waren.

Ob beitragsfreies Kita-Jahr, Lehrerfortbildung, Geld für Hochschulen, Integration, Polizeiboote, Videoüberwachung, ein Verladekai in Cuxhaven, Deiche oder Straßen – überall will die Wulff-Regierung draufsatteln. Und Schattenhaushalte, in denen in den vergangenen Jahren Kosten für die Renovierung von Krankenhäusern untergebracht worden waren, sollen wieder im normalen Haushalt auftauchen.

Außerdem denkt Wulff über ein Verschuldungsverbot nach, das nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament umgangen werden kann. Zudem will er einen Pensionsfonds einrichten, in den ab 2010 pro neu eingestelltem Beamten 10.000 Euro anlegt werden, um den Etat langfristig vor den extrem ansteigenden Pensionslasten zu entlasten.

Der Haushalt enthalte keine Akzente und zu wenig Investitionen, entgegnete Dieter Möhrmann (SPD). „Dies ist offenbar dem Wahlkampf geschuldet.“ Für „kärglich“ hielt Stefan Wenzel (Grüne) das Machwerk der Regierung. Er hätte sich eine „massivere Absenkung der Neuverschuldung“ und „eine solide Finanzierung der Ausgabewünsche“ gewünscht. Offenbar, so Wenzel, sollte es kurz vor der Landtagwahl „auf jeden Fall peace, happiness and omelette geben.“ KSC