: Interpol arbeitet Diktatoren zu
Zwei inhaftierten Usbeken droht Abschiebung in die Heimat – trotz Flüchtlingsstatus
ALMATY taz ■ Mithilfe von Interpol jagen usbekische Behörden Flüchtlinge und Regimekritiker in Europa. Seit dem 3. Juli sitzen Omonillo Maksudow und Sochid Mirsajew in der tschechischen Stadt Pilsen in Haft. Beide wurden aufgrund eines usbekischen Haftbefehls bei Interpol von tschechischen Behörden beim Grenzübertritt von Deutschland aus kommend verhaftet. Jetzt müssen sie die Auslieferung in das Verfolgerland fürchten.
Dabei genießen die beiden Usbeken als anerkannte Mandatsflüchtlinge des UN-Flüchtlingswerkes in Deutschland Bleiberecht. Sie wollten „einen Freund in Tschechien besuchen“ sagte der besorgte Vater von Omonillo in Düsseldorf. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte, dass man die tschechischen Behörden um die baldmöglichste Entlassung der Betroffenen aus der Auslieferungshaft gebeten und die konsularische Betreuung der beiden Inhaftierten übernommen habe.
Maksudow und Mirsajew waren in der Nacht zum 14. Mai 2005 mit über 400 Usbeken vor dem Kugelhagel des Andischaner Massakers nach Südkirgisistan geflüchtet. Der usbekische Staat hatte am Tag zuvor einen Volksaufstand in der Provinzstadt mit Panzern niedergeschlagen. Berichten von Augenzeugen zufolge sollen dabei über 500 Menschen getötet worden sein.
Das UNHCR erteilte den Geflüchteten einen Mandatsstatus und evakuierte sie nach Rumänien. Von dort wurden sie in alle Welt verteilt. Auch Deutschland hat einige der Andischanflüchtlinge aufgenommen. Vor allem in Düsseldorf und in Nürnberg fanden sie eine neue Bleibe.
„Eine Rückführung von Flüchtlingen in das Verfolgerland Usbekistan ist nicht rechtens“, sagt Anne Güllesbach vom UNHCR in Nürnberg. Das wüssten auch die tschechischen Behörden. Usbekistan gelingt es immer wieder über internationale Strafverfolgungsbehörden, Flüchtlingen und Regimekritikern nachzustellen. 2001 und 2006 wurde der usbekische Oppositionspolitiker Mohammad Solich wegen eines solchen Interpolhaftbefehls festgesetzt, obwohl er einen Flüchtlingsstatus in Norwegen und Deutschland innehat. Erst nach internationalen Protesten kam er frei.
Marianne Heuwagen, Sprecherin der amerikanischen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in Berlin, sieht mit Sorge, „wie sich der usbekische Staat in der EU der internationalen Strafverfolgungsinstrumente bedient“. Usbekistan gilt als eines der repressivsten Regimes weltweit. Auf Drängen Berlins strebt die EU mit dem Staat in Zentralasien einen Menschenrechtsdialog an. Nicht ganz ohne Eigennutz. Die Bundeswehr unterhält in der südusbekischen Provinzstadt Termes einen Luftwaffenstützpunkt, von dem der Afghanistaneinsatz koordiniert wird. MARCUS BENSMANN