: Gutes Ausbilden will gelernt sein
AUSBILDUNG Um die Zukunft des Betriebes zu sichern, sollte ein Arbeitgeber Ausbildungsstellen anbieten. Das allein genügt aber längst nicht mehr, um Azubis zu gewinnen, denn die Zahl der zukünftigen Fachkräfte sinkt
Nina Rittig (Personalreferentin)
VON BIRK GRÜLING
Für Fachkräfte-Nachwuchs müssen sich Unternehmen heute ins Zeug legen, gute Angebote unterbreiten und Ausbildungswerbung betreiben. Denn die Zahl der Azubis geht demografiebedingt zurück und der Trend zur Akademisierung tut sein Übriges: In diesem Jahr gab es erstmals mehr StudienanfängerInnen als neue Auszubildende.
„Man merkt, dass die Bewerber sich mehr Gedanken über die Ausbildungsangebote machen und genauer schauen, was ein Betrieb ihnen bieten kann“, berichtet Nina Rittig, Personalreferentin bei der Hamburger Reederei E.R. Schifffahrt. Zwei bis vier InformatikerInnen und Schifffahrtskaufleute bildet das Unternehmen pro Jahr aus, die Übernahmechancen sind gut. „Wir suchen gezielt nach Azubis, die menschlich und fachlich passen. Im Gegenzug bieten wir ihnen eine intensive und vielseitige Ausbildung“, sagt Rittig.
So sitzt in jeder Abteilung ein geschulter Ausbilder, der sich um die Lehrlinge kümmert. Er muss Vorbild sein, behutsam fördern, aber auch Leistung einfordern und Konflikte lösen. Von den Ausbildern wird neben Fachkompetenz Geduld, Verständnis und pädagogisches Geschick verlangt. „Die Ausbildung von jungen Menschen ist sicher keine leichte Aufgabe, eher eine, für die man sich bewusst entscheiden sollte“, sagt Rittig.
AusbilderInnen müssen laut Berufsbildungsgesetz nicht nur persönlich und fachlich, sondern auch pädagogisch geeignet sein. „Man muss ein sauberes polizeiliches Führungszeugnis und Berufserfahrung vorweisen“, erklärt Fin Mohaupt, Ausbildungsexperte von der Handelskammer Hamburg. Außerdem sollten AusbilderInnen sich mit pädagogischem Arbeiten und den rechtlichen Rahmenbedingungen von betrieblicher Ausbildung auskennen. Diese Qualifikationen müssen in einer Eignungsprüfung unter Beweis gestellt werden, abgenommen von örtlichen Kammern.
Der schriftliche Teil der Prüfung besteht aus fallbezogenen Aufgabenstellungen, der praktische beinhaltet meistens die Durchführung einer Ausbildungseinheit. Als Vorbereitung darauf ist die sogenannte „Ausbildung der Ausbilder“ üblich. Entsprechende Kurse bieten Fachverbände und kommerzielle Anbieter an. Die Preise dafür schwanken zwischen rund 300 Euro für Online-Kurse bis zu 900 Euro für Vollzeit-Kurse. Inhaltlich orientieren sich fast alle Weiterbildungsangebote an dem Rahmenplan des Bundesinstituts für Berufsbildung (Bibb). In Weiterbildungen zum Meister oder Handelsfachwirt ist die Ausbildung zum Ausbilder schon enthalten.
Grundsätzlich ist der Kurs eher als Basisqualifikation zu sehen. „Die Weiterbildung allein macht niemanden zum Ausbilder. Auch das Unternehmen muss die Ausbildungsvoraussetzungen erfüllen“, sagt Mohaupt. Dafür gibt es klare Regeln. Der Betrieb muss so ausgestattet sein, dass alle Inhalte der Ausbildungsordnung auch vermittelt werden können. Ein-Mann-Betriebe dürfen nicht ausbilden, auch im ersten Jahr der Neugründung ist die Verantwortung für Azubis zu groß. Eine Faustregel: Es sollten mindestens zwei Fachkräfte im Unternehmen arbeiten. In Ausnahmefällen ist auch eine Kooperation mit anderen Betrieben möglich. Zum Beispiel wird bei Mittelständlern die Buchhaltung häufig von SteuerberaterInnen erledigt, bei denen die Azubis ein Praktikum machen.
„Wer Auszubildende ernst nimmt und gezielt fördert, kann nur gewinnen“, sagt Rittig. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen können Auszubildende von Anfang an in betriebsspezifischem Wissen schulen und so passgenauen Nachwuchs heranziehen. So gibt die Reederei ihren Auszubildenden die Möglichkeit, auf einem Containerschiff mitzufahren und den Alltag an Bord kennenzulernen. Außerdem gibt es ein internes Weiterbildungsprogramm zu aktuellen Themen in der Branche und im Unternehmen. Bachelorabsolventen hingegen müssen erst aufwendig angelernt werden – das kann manchmal bis zu einem Jahr dauern.