: Migranten mit Beratungsbedarf
Früher ging es um Arbeit, heute geht es vor allem um Arbeitslosigkeit: Seit 37 Jahren berät der DGB Migranten. Immer häufiger ist Rassismus Thema der Beratungen
Ausländer muss nicht unbedingt sein und auch nicht Gewerkschaftsmitglied, wer bei der „Ausländerberatungsstelle“ des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Hilfe sucht. „Wir fragen nicht nach dem Pass oder dem Mitgliedsausweis“, sagte Leiterin Vassiliki Siewert gestern bei der Vorstellung des Tätigkeitsberichtes der Beratungsstelle. Seit 37 Jahren helfen deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei arbeits- und sozialrechtlichen Problemen, inzwischen in zwölf Sprachen – von Türkisch und Kurdisch über Serbisch und Bosnisch bis zu Kasachisch. Es geht um Kündigungsschutz, um Rentenansprüche, um Versicherungs- und auch um mietrechtliche Fragen. 7.500 Ratsuchende kamen alleine 2006.
Dass die Beratungsstelle ausgerechnet am ziemlich unrunden 37. Geburtstag eine Arbeitsbilanz präsentiert, hat seinen Grund: Man habe, so Dieter Scholz, Chef des DGB-Bezirks Berlin-Brandenburg, leider feststellen müssen, dass die Arbeit der Beratungsstelle insbesondere „bei politischen Entscheidungsträgern“ zu wenig bekannt sei. Die Finanzierung des Projektes, dessen Entstehung 1970 eine Idee des Abgeordnetenhauses war, stand nicht zuletzt deshalb lange auf der Kippe. Die Gefahr konnte inzwischen jedoch abgewendet werden: 138.000 Euro steuert die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales der DGB-Ausländerberatung in diesem Jahr bei. Den Rest der Kosten ebenso wie die nötige Infrastruktur stellt der Gewerkschaftsbund.
Die Ausländerberatungsstelle des DGB leiste einen „wichtigen integrationspolitischen Beitrag“ in der Stadt, lobte Integrationssenatorin Heidi Knake-Werner (Die Linke) gestern. Der Bedarf an Beratung für Migranten habe sich in den letzten Jahrzehnten zwar stark verändert – gesunken sei er aber nicht. Gerade „angesichts der sozialen Lage vieler Migranten“ – die doppelt so häufig arbeitslos seien wie Einheimische – sei die auf die Themenfelder Arbeit und Soziales bezogene Beratung heute wichtig.
Immer häufiger, betonte die Senatorin, würden auch Probleme wie Rassismus und Ausländerfeindlichkeit Themen der Beratung: „Wir werden die Ausländerberatungsstelle deshalb in das Landesprogramm gegen Rassismus integrieren.“ Das Landesprogramm gegen Rassismus und Rechtsextremismus, das vom Senat jährlich mit 1,2 Millionen Euro gefördert wird, soll die Maßnahmen gegen Diskriminierung und Ausländerfeindlichkeit im Land Berlin besser vernetzen.
Ein ganz klein wenig Kritik hatte die Integrationssenatorin allerdings auch zu üben: Einen „kleinen Wettbewerb“ für einen neuen Namen solle die Beratungsstelle ausrichten, schlug sie vor. Denn der Name „Ausländerberatung“, fand Knake-Werner, sei „echt nicht mehr angesagt“.
ALKE WIERTH