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Archiv-Artikel

Das brutalste Rennen der Welt

betr.: „Die Doping-Hitparade“ von Fritz Tietz, taz vom 21. 6. 07

Das Stichwort „Doping“ ist offensichtlich hervorragend geeignet, bei manchen Leuten jegliches Denkvermögen auszuschalten. Sobald dieses Wort fällt, hat jeder dazu etwas zu sagen; und wenn er Kettenraucher, Säufer oder sonst wie süchtig ist, er wird die Radprofis niedermachen. Je inkompetenter, desto gnadenloser. Selbst unsere unübertrefflich kluge Kanzlerin sprach von einem „unvorstellbaren Ausmaß systematischer Manipulation“ (aber vielleicht meinte sie nur die Methoden, mit denen sie die Spitze der CDU und die Kanzlerschaft an sich gerissen hat?) Aber auch Schreibende, die sich an eigenen, großartigen Gedankengängen und herrlichen Formulierungen berauschen, gehören dazu. Gell, Herr Tietz?

Dass Doping allein noch keinen Sieger macht, dass ohne Talent, Superkondition, beinhartes Training, eisernem Willen und unbeschreiblicher Selbstüberwindung schon mal gar nichts geht, ist in diesen Köpfen nicht angekommen. Kaum einer der eifrigen Kritiker wäre in der Lage, auch nur wenige Kilometer mit einem ungedopten Radprofi mitzuhalten. Und diese Jungen fahren jetzt die Tour de France, das brutalste Rennen der Welt. Mal bei Gluthitze, auch mal bei Eisregen. Unendliche Kilometer in enorm hohem Tempo herunterkurbelnd, furchterregende Bergriesen erklimmend, hochgefährlich Abfahrten bewältigend. Von dem sonstigen, oft unerfreulichen, Umfeld eines solchen Etappenrennen nicht zu reden.

Ich habe nicht die Absicht, mich in die aktuelle Diskussion einzuklinken, aber eine Bitte: Leute lasst doch die Kirche im Dorf, denkt das Thema erst einmal zu Ende. Und wenn der eine oder die andere den Fernseher diesmal auslassen will, ist das deren Entscheidung. Ich lasse mir jedenfalls die Leistungen der Fahrer nicht relativieren. Doping ist und bleibt das Sahnehäubchen oben drauf, das Pünktchen auf dem „i“. Auch das noch: Schlicht komisch die Reaktion von ARD und ZDF, künftig auf Radsportexperten als Kommentatoren zu verzichten. Bekommt jetzt Claudia Schiffer eine Chance?

HORST MANDRYSCH, Bensheim