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Archiv-Artikel

„Überall Baustellen“

LESUNG FAZ-Autor Hiller von Gaertingen erzählt aus seinem Buch „Afrika ist das neue Asien“

Christian Hiller v. Gaertingen

■ 50, ist Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit den Schwerpunkten Finanzmärkte, Geldanlagen und Weinbau.

taz: Herr Hiller von Gaertingen, wann waren Sie das letzte Mal in Afrika?

Christian Hiller von Gaertingen: Das war so vor zwei, drei Monaten.

Und wo?

In Äthiopien.

Auch ein Aufschwungsland?

Auf jeden Fall. Wenn man nach Addis Abeba kommt, sieht man überall Baustellen, es werden Immobilien gebaut, Hotels, Wohngebäude, Bürogebäude. Wenn man Richtung Süden fährt, sieht man links und rechts der großen Straße Baustellen, wo chinesische Fabriken entstehen. Die Chinesen bauen dort eine chinesische Kopie des Toyota Land Roover, den sie für weniger als 10.000 Euro anbieten.

Afrika ist nicht mehr arm?

Es gibt unendlich viel Armut. Das Problem ist, wie Armut definiert wird. Die Weltbank sagt, arm ist, wer weniger als einen Dollar pro Tag verdient. Ich halte diese Definition nicht für griffig, weil sehr viele Afrikaner von ihrer Farm leben, die nicht im monetären Kreislauf auftauchen, aber die nicht unbedingt arm sind. Dennoch ist Armut weiterhin ein großes Problem.

Ihr Buch heißt: „Afrika ist das neue Asien?“ Ist Asien China?

In Afrika sind unheimlich viele asiatische Unternehmen aktiv. In Hotels kommen Armaturen aus Malaysia, Waschbecken aus Thailand, vieles aus China und Japan, Indien ist sehr präsent.

Wie sieht die Entwicklung in Südafrika aus?

Südafrika beurteile ich skeptisch. Der Schwung ist weg, der nach dem Ende der Apartheid aufkam. Die Korruption nimmt zu. Südafrika hatte ja eine Quote eingeführt, nach der jedes Unternehmen eine bestimmte Zahl von Schwarzen in ihre Firmen aufnehmen musste. Eigentlich eine gute Maßnahme. Was aber dabei rausgekommen ist, ist ein System, bei dem sich der ANC bereichern konnte. In der Praxis musste ein Unternehmen sich mit dem ANC einvernehmlich zeigen, wen man nimmt. Das Land ist bis heute nicht versöhnt, die Apartheidsvergangenheit liegt wie eine offene Wunde da.

Und welche Regionen befinden sich im Aufschwung?

Auf jeden Fall nicht die Rohstoffnationen, die auch wieder korrupte Regime befördern. Im Aufschwung sind die Länder in Ostafrika, die eine Eigendynamik entwickelt haben: Kenia, Ruanda, Äthiopien, Nigeria, das sind die Boomländer. Nigeria ist wirtschaftlich eines der interessantesten Länder.  INTERVIEW: SABINE SCHÖNFELDT

Lesung: 18 Uhr, Afrika-Verein der Deutschen Wirtschaft, Jungfernstieg 21