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Archiv-Artikel

Union kritisiert Union

Schwule CDUler kritisieren NPD-Vergleich. Bezirkschefin Wanjura verteidigt Ablehnung der Regenbogenflagge

Bezirksbürgermeisterin Marlies Wanjura (CDU) hat ihre Weigerung, die Regenbogenfahne am Rathaus Reinickendorf zu hissen, verteidigt. „Sie steht für Toleranz und Gleichberechtigung, aber sie ist ein politisches Zeichen. Wenn ich das Hissen erlaube, können andere dieses Recht einfordern – auch die, die wir nicht haben wollen“, sagte Wanjura gestern.

In der letzten Bezirksverordnetenversammlung hatte sie die Ablehnung der Regenbogenfahne mit dem Argument begründet, dann könne auch die rechtsextreme NPD einen Antrag stellen. Daraufhin hatte der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg die „Gleichsetzung“ kritisiert und ihren Rücktritt gefordert (taz berichtete).

Wanjuras Wortwahl empört auch Mitglieder ihrer Partei. „Ein solcher Vergleich ist inakzeptabel“, sagte Eike Letocha, Chef des schwul-lesbischen Arbeitskreises der Berliner CDU. „Außerdem hat Frau Wanjura nicht das Symbol der Flagge verstanden. Die Regenbogenflagge steht für Toleranz und hat nicht das Geringste mit Parteipolitik zu tun.“

Wanjura wehrte sich gegen die Vorwürfe: „Natürlich ist es verrückt, einen Zusammenhang zwischen der NPD und den Zielen von Schwulen und Lesben darzustellen.“ Ihr eine solche Auffassung vorzuwerfen, sei „völlig absurd.“ Die Bezirksbürgermeisterin verwies auf den Bundesparteitag der NPD im vergangenen November, die Neonazis hatten sich den Zugang zu den Räumen im Reinickendorfer Fontane-Haus gerichtlich erkämpft. „Was, wenn sie sich auch das Hissen ihrer Flagge vor Gericht erzwingen könnte?“ Zudem wehten am Rathaus die Europa-, Berlin- und die Deutschlandfahne, so Wanjura. „Diese Fahnen repräsentieren jeden in der Gesellschaft und stehen auch für Gleichheit und Toleranz.“

Mit dem Regenbogenflaggenverbot ignoriert die Bezirksbürgermeisterin ein Votum der Bezirksverordnetenversammlung. Diese hat ein – nicht bindendes – Ersuchen an das Bezirksamt gerichtet, in den nächsten Jahren zum Christopher Street Day Flagge zu zeigen – wie fast alle anderen Bezirke auch. Über dieses Ersuchen muss das von CDU-Stadträten dominierte Bezirksamt abstimmen. „Ich gehe davon aus, dass wir das wie bisher handhaben“, kündigte Wanjura bereits an. ULRICH SCHULTE