: Rückkehr aus dem gelobten Land
AUSSTELLUNG Schimmerndes Edelmetall war der Auslöser: Der Goldrausch in Kalifornien brachte viele Europäer in die Neue Welt. Darunter befanden sich etliche Nordfriesen
von Dieter Sell
Im Januar 1848 wurde in Sutter’s Mill in Kalifornien Gold gefunden. Als der Fund bekannt wurde, strömten Menschen aus Kalifornien und bald aus aller Welt in den Westen der USA. Und auch etliche Bewohner der nordfriesischen Inseln Amrum und Föhr erlagen dem Lockruf des Goldes. Eine neue Sonderausstellung des Deutschen Auswandererhauses in Bremerhaven unter dem Titel „Nach New York“ zeigt seit vergangenem Sonntag, dass viele von ihnen jedoch später in ihre Heimat zurückkehrten.
„Das war entweder eine Auswanderung auf Zeit – oder die Familie hat sie zurückgerufen“, erklärt Museumsdirektorin Simone Eick. Die Rückwanderung werde bis heute im allgemeinen wenig beachtet, bekräftigt sie. Aktuell kämen etwa ein Fünftel der deutschen Auswanderer wieder zurück – oft, weil sich die wirtschaftlichen Bedingungen im Zielland verschlechterten.
Auch das will die Sonderschau mit dem exemplarischen Inselbeispiel wie in einem Mikrokosmos zeigen.
„In Hamburg kannten wir doch keinen“, lautet der Untertitel der Ausstellung, die bis Ende November in Bremerhaven zu sehen ist. „In der Hansestadt war niemand, der einem beruflich helfen konnte, während im gelobten Land bereits Dutzende gut vernetzte Freunde und Verwandte lebten“, erläutert Ausstellungsmacherin Katrin Quirin. Wer also mehr erreichen wollte, als von der harten Seefahrt und der kargen Landwirtschaft auf den Inseln zu leben, der ging nach Übersee.
„So gesehen war Nordamerika für die Insulaner näher als Hamburg“, erklärt Katrin Quirin. Sechs exemplarische Lebenswege mit Fotos, Hörstationen und Erinnerungsstücken zeigen: Einem ausgewanderten Amrumer und Föhrer folgten oft weitere. Experten wie Quirin sprechen von einer „Kettenwanderung“ – ein Phänomen, das auf beiden Inseln stark verbreitet war. In einer ersten Auswanderungswelle verließen 1.000 Insulaner die Nordseeküste und reisten zunächst nach New York. „Das waren immerhin zehn Prozent der Bevölkerung“, betont die Historikerin Quirin.
Für die Leute von den Inseln gab es kaum größere Gegensätze: Hier das platte Land, dort die quirlige Großstadt. Die letzte große Auswanderungswelle lief nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1970er Jahre. Wieder waren es etwa 1.000 Menschen, unter ihnen die Amrumer Ingeborg (71) und Erk Tadsen (72). Sie suchten ab 1962 ihr Glück in New Jersey und gründeten bald ein eigenes kleines Lebensmittelgeschäft, ein „Deli“, wie diese Geschäfte in Amerika heißen, die es in den amerikanischen Großstädten heute noch in großer Zahl gibt.
Obwohl die Tadsens kaum Englisch sprachen, mussten sie vom ersten Tag an bedienen. „Get out – sink or swim“ („Los – schwimm oder geh unter“) lautete das Motto für die meisten, auch für das Ehepaar Tadsen. Das allerdings sehr erfolgreich war: Ihr Deli war eine Goldgrube. „Der Renner war unser Kartoffelsalat“, erinnerte sich Ingeborg Tadsen. Alleine davon setzten sie an einem Sonnabend bis zu 150 Pfund ab.
Nach zwölf Jahren verkaufte das Ehepaar den Laden und sein Haus für gutes Geld an einen Griechen und wanderte mit zwei Töchtern wieder zurück nach Amrum. Für die Insulaner mit Heimweh ein logischer Schritt: „Wir wollten eigentlich immer nach Hause.“
■ bis zum 30. November, Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven