: Wanderndes Leben
Ernst Tugendhat wurde 1930 in Brünn im heutigen Tschechien geboren. Im gleichen Jahr bezog die Familie die „Villa Tugendhat“, die der Bauhaus-Architekt Mies van der Rohe entworfen hatte und die inzwischen bei der Unesco als Teil des Weltkulturerbes registriert ist. Tugendhats Vater war Textilfabrikant. 1938 emigrierte die jüdische Familie in die Schweiz, 1941 nach Venezuela.
Fünfzehnjährig las Tugendhat Martin Heideggers „Sein und Zeit“. Danach wollte er Philosophie studieren – in Freiburg, um Heidegger zu erleben. Da eine Rückkehr ins zerstörte Deutschland unmittelbar nach dem Krieg nicht möglich war, studierte er von 1946 bis 1949 Klassische Philologie an der Stanford University (USA).
1949 begann er sein Philosophiestudium in Freiburg, das er 1956 mit einer Promotion über die aristotelischen Grundbegriffe abschloss. 1966 folgte die Habilitation in Tübingen über den „Wahrheitsbegriff bei Husserl und Heidegger“. Ein Jahr zuvor war er nach Ann Arbor, Michigan, gegangen. Die dortige Begegnung mit der analytischen Philosophie prägt sein Denken bis heute.
1966 bis 1975 war Tugendhat Philosophieprofessor in Heidelberg, wo er als Dekan die Studentenrevolte miterlebte. 1976 lotste ihn Habermas an das Starnberger Institut zur Erforschung der Lebenswelt, das Carl Friedrich von Weizsäcker initiiert hatte. 1980 wurde Tugendhat vom damaligen Wissenschaftssenator Peter Glotz an die FU Berlin berufen.
1992 kehrte Tugendhat nach Südamerika zurück. 1999 ließ er sich erneut in Tübingen nieder. Jetzt zieht er nach Brasilien um. Sein neuestes Buch: „Anthropologie statt Metaphysik“, Beck Verlag, München 2007, 205 Seiten, 19,90 Euro. UH