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Archiv-Artikel

Nur Milch und Früchte

Ferien auf dem Bauernhof – mitten in Ottensen. „Liebmilch“ zeigt, dass Milch, Eis und Smoothies ohne weitere Zusätze auch an Nicht-Ökos zu bringen sind. Und begeistert mit der Erkenntnis, dass Erdbeereis auch nach Erdbeeren schmecken kann

von STEFANIE HELBIG

Leider lässt der Bürgersteig nicht viel Platz für das optimale Bauernhof-Feeling. Doch die Hände im Stroh vergraben und den Geschmack von früher im Mund, das ist mal was anderes zum Draußensitzen und Pause machen. Vielleicht Urlaub für die Seele, ganz sicher aber von den Riesenkonzernen dieser Welt. Denn hier dreht sich alles um die Milch, und zwar nicht um die, die im Kühlregal so tut, als wäre sie welche, sondern um das Original. Mit Geschmack. Mit Fett. Jeden Tag frisch vom Bio-Bauern. Und mit dieser Milch lässt sich einiges machen. Milchmixgetränke zum Beispiel. Oder Eis. Das wird aus Früchten und Milch hergestellt, aus nichts sonst.

Leider drängt sich „Liebmilch“ etwas auf dem engen Bürgersteig an die Bahrenfelder Straße. Für ein ausgiebiges Eis aus verzierten Bechern also vielleicht nicht das Richtige, aber für die etwas andere Pause geradezu perfekt. Und zum Kommen aus Überzeugung. Zum Selbstgestalten der Welt – und des Angebots dieser Milch- und Eisdiele.

Denn wer eine gute Idee für eine neue Sorte hat, sagt Bescheid und sieht sie am nächsten Tag vielleicht im Tresen liegen. So besteht das wechselnde Sortiment aus den verschiedensten Variationen: mit Riesen-Schoko-Stücken. Oder Sankt-Pauli-Eis. Oder Milcheis pur. Ja, auch das schmeckt.

„Eine Marke zum Mitmachen“ nennt das Geschäftsführer Daniel Sheffer, 36. Er war früher Vorstand eines großen Konzerns und ist ausgestiegen. „Ich war es satt, Dinge verkaufen, von denen ich selbst nicht viel halte.“ Sein Ziel: eine Marke zu schaffen, die nichts zu verstecken hat. „Ein Protest gegen die Praxis der Milchriesen – ohne Pülverchen, ohne Gentechnik“, sagt er über das Liebmilch, das er Anfang Juli eröffnet hat. „1960 gab es 2.758 Molkereien in Deutschland, 2003 nur noch 112. Wenn die Wenigen auch noch abhängig sind von den Preisvorstellungen der Konzerne, ist schlechte Qualität die Folge.“

Deshalb zahlt Sheffer den Milchbauern weit mehr als den EU-Preis. Auch die Zitrusfrüchte kommen von kleinen Plantagen, geführt von Familien, die er auf früheren Reisen kennengelernt hat. Doch warum immer in die Ferne schweifen? Holunder- oder Schlehen-Eis sind regionaler Genuss. Und auch auf Deutsch gibt es lustige Namen. Eis und Shakes bei Liebmilch heißen „Küss mich“, oder „Mango Mango“. Für den Smoothie können sich die Kunden noch einen Namen ausdenken.

Besonders das Publikum, das vorher nicht auf Bioprodukte achtete, will Sheffer ansprechen. „Ich denke, es war ein Fehler der Bio-Branche, ihre Produkte immer nur in grün zu vermarkten“, sagt er.

Sheffer will die Industrie mit ihren eigenen Waffen schlagen: Ansprechendes Äußeres, aber mit gesundem Inhalt. „Wenn die Leute merken, dass es anders geht muss auch die Industrie sich Gedanken machen“, sagt er.

Also raus auf die Strohballen, und auch wenn die nur auf Kunstrasen vor Fahrradständern stehen: Das sind Ferien auf dem inneren Bauernhof. Ferien beim guten Gewissen.

Das Liebmilch, Bahrenfelder Straße, Ecke Große Rainstraße, ist Montag bis Samstag von 12–18 Uhr und Sonntag von 14–18 Uhr geöffnet