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Archiv-Artikel

Schlammschlacht der Verdächtigungen

In Sachsen bildete sich der Untersuchungsausschuss zur Korruptionsaffäre. Vorsitzender Bartl steht in der Kritik

DRESDEN taz ■ Ohne die befürchteten taktischen Verzögerungen und gegenseitigen Blockaden von Regierungsparteien und Opposition hat sich gestern der Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtags zur Korruptionsaffäre konstituiert. Das 20-köpfige Gremium einigte sich in Verfahrensfragen auf einen vierwöchigen Sitzungsrhythmus, der am 30. August beginnen soll.

Umstritten war allerdings die Liste der anzuhörenden Zeugen. Nach dem Willen der FDP und der Linken sollen zuerst der ehemalige sächsische Innenminister und jetzige Kanzleramtsminister Thomas de Maizière und der amtierende Innenminister Albrecht Buttolo (beide CDU) gehört werden. Der Ausschuss soll die politischen Verantwortlichkeiten für einen mutmaßlichen Filz von organisierter Kriminalität, Politik und Justiz in Sachsen klären. Seit Mai sind der Öffentlichkeit Akten des Verfassungsschutzes bekannt, die darauf hindeuten. Am 21.Juli hatte der Sächsische Landtag mit den Stimmen der Opposition der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zugestimmt. Erst in letzter Minute hatte sich die regierende CDU entschlossen, den Ausschuss durch Stimmenthaltung zu tolerieren.

Die CDU attackierte aber weiterhin den Ausschussvorsitzenden Klaus Bartl von der Linksfraktion. Auf dessen mögliche Befangenheit hatte die Frankfurter Allgemeine Zeitung hingewiesen. Der Jurist hatte zwei wahrscheinlich vor den Ausschuss zu ladende Zeugen anwaltlich vertreten. Bartl habe „das Landesparlament bewusst getäuscht, um seine Wahl nicht zu gefährden“, warf ihm der CDU-Fraktionsvorsitzende Fritz Hähle daraufhin vor. Er verdächtigte Bartl sogar, er habe „den vermeintlichen Skandal, den er nun angeblich aufklären will, zuvor mit initiiert“. Bartl konterte mit einer mehrseitigen Erklärung und verwies auf ähnliche Fälle in anderen Parteien. Die CDU wolle lediglich „die Arbeit des Untersuchungsausschusses blockieren“, so Bartl.

Seither tobt ein täglicher Krieg der Pressemitteilungen. Sie werden angeheizt durch eine Erklärung von Ministerpräsident Georg Milbradt, die Beweislage in der mutmaßlichen Korruptionsaffäre sei „nach wie vor äußerst dünn“. „Von der Aufgeregtheit der ersten Tage ist wenig geblieben“, fügte der Ministerpräsident hinzu. Der Koalitionspartner SPD reagierte daraufhin ungewöhnlich scharf. Der neue Generalsekretär Dirk Panter kritisierte das „permanent schlechte Krisenmanagement“ Milbradts.

MICHAEL BARTSCH