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Archiv-Artikel

Flughafen sperrt Gegner aus

Die Betreiber des Londoner Flughafens Heathrow verbieten 5 Millionen Briten, sich dem Gelände zu nähern. Grund sind die Proteste gegen den Bau einer dritten Rollbahn

DUBLIN taz ■ Prinz Charles muss sich in Acht nehmen. Er ist Mitglied des britischen Naturschutzbundes National Trust, und solche Leute sind in der Nähe des Londoner Flughafens Heathrow nicht gerne gesehen. Die Flughafenbehörde hat jetzt eine einstweilige Verfügung gegen die Mitglieder von 15 Umweltschutzgruppen beantragt, neben dem National Trust auch Greenpeace, Friends of the Earth und die Königliche Gesellschaft zum Vogelschutz. Insgesamt sind fünf Millionen Menschen betroffen.

Wenn es nach der Flughafenbehörde geht, müssen sie sich nicht nur von Heathrow fernhalten, sondern auch von der Piccadilly Line der Londoner U-Bahn und von den Bahnsteigen 6 und 7 im Bahnhof Paddington, weil von dort die Züge nach Heathrow abfahren. Tabu sollen auch die Autobahnen M 4 zwischen den Abfahrten 3 und 6 und die M 25 zwischen den Ausfahrten 13 und 15 sein. Spaten, Sägen, Seile, Megafone, Pfeifen oder Drachen dürfe kein Reisender an diesen Orten im Gepäck haben, findet die Flughafenbehörde. Sie fürchtet sich vor Demonstrationen.

Ab 14. August wollen rund 5.000 Menschen eine Woche lang in der Nähe des Flughafens zelten, um gegen die geplante dritte Startbahn zu protestieren. Bisher können in Heathrow 480.000 Flüge im Jahr abgefertigt werden. Wenn man die beiden bestehenden Rollbahnen für Starts und Landungen benutzt und die dritte Rollbahn baut, könnte diese Zahl auf 800.000 steigen. Freilich müsste das Dorf Sipson dem Erdboden gleichgemacht und das benachbarte Harmondsworth auf die Hälfte geschrumpft werden.

Die Regierung ist dafür: Flughafenerweiterungen seien notwendig für das Wirtschaftswachstum, sagt Premierminister Gordon Brown. Die Flughafenbehörde möchte, dass der Paragraf 44 des Antiterrorismusgesetzes gegen potenzielle Demonstranten angewendet wird. Dieser Paragraf besagt, dass jeder in der Nähe eines möglichen Angriffsziels durchsucht und notfalls verhaftet werden darf – also praktisch überall in Großbritannien.

Die Flughafenbehörde rechtfertigte ihren drakonischen Antrag auf die breite Auslegung des Gesetzes. „Wir fertigen im Sommer täglich 200.000 Menschen in Heathrow ab“, sagte ein Sprecher. „Sie würden unter ungesetzlichem oder verantwortungslosem Verhalten leiden, das darauf abzielt, den reibungslosen Ablauf auf dem Flughafen zu stören.“ Aber da man ja in einer Demokratie lebe, will die Behörde Proteste nicht grundsätzlich unterbinden: Wenn die Demonstranten 24 Stunden vorher Bescheid sagen und ihre Namen sowie ihre Autokennzeichen bekannt geben, dürfe eine beschränkte Zahl an drei festgelegten Punkten an der Flughafenperipherie ein bisschen protestieren.

Die Umweltschützer reagierten verblüfft über das Ausmaß der Verbotswunschliste der Behörde. Joss Garman vom Camp for Climate Action sagte: „Sie haben die Debatte über den Klimawandel verloren. Jetzt greifen sie zu schikanösen Maßnahmen. Das ist ein riesengroßer Angriff auf die bürgerlichen Freiheiten.“ Nun muss ein Londoner Gericht über den Antrag entscheiden.

RALF SOTSCHECK