: Tiefer Absturz an den Börsen
FINANZMÄRKTE Vor allem Bankaktien und die Papiere von Autokonzernen verloren an Wert. Der Grund: Die Investoren fürchten, dass das globale Wachstum nachlassen könnte
VON ULRIKE HERRMANN
BERLIN taz | Der Absturz an den Börsen setzt sich fort. Allein am Donnerstag und Freitag verlor der Deutsche Aktienindex DAXkumuliert fast zehn Prozent. Am Freitagnachmittag pendelte er um die Marke von 5.400 Punkten. Noch am Mittwoch hatte der DAX bei rund 6.000 Punkten gelegen. Derart starke prozentuale Verluste gab es zuletzt im November 2008, als die weltweite Bankenkrise auch die Aktienmärkte erschütterten.
Vor allem Bankaktien und die Papiere der Autokonzerne verloren an Wert. Denn die Investoren befürchten, dass das globale Wachstum nachlassen könnte. Dies würde teure Konsumgüter wie Autos als erstes treffen, die von den Kunden nur nachgefragt werden, wenn Geld übrig ist.
Bei den Bankaktien wiederum spiegelt sich die Sorge, dass die Eurokrise doch noch außer Kontrolle geraten könnte. Der Gipfel von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Dienstag hat die Anleger jedenfalls nicht länger als einen Tag beruhigt.
Die Kursverluste beschränkten sich nicht auf Europa – weltweit brachen die Kurse ein. Der amerikanische Dow Jones hat im vergangenen Monat rund 1.500 Punkte verloren – und eröffnete am Freitag mit 10.853 Punkten.
Der fortgesetzte Kursverfall am Freitag zeigte, dass offenbar nicht nur die Computertechnik dafür gesorgt hat, dass der DAX am Donnerstag innerhalb von Minuten um vier Prozent nach unten gerauscht war. Analysten machten dafür den Hochfrequenzhandel verantwortlich: Einige Handelshäuser besitzen superschnelle Verbindungen zu den Servern der Frankfurter Börse, so dass sie innerhalb kürzester Zeit enorme Mengen an Verkaufsordern platzieren können. Damit haben sie den Markttrend jedoch nicht verzerrt – sondern allenfalls vorweggenommen, wie sich am Freitag zeigte.
Während die Anleger die Börsen meiden, flüchten sie ins Gold, das neue Rekorde markierte. Am Freitag kostete es zeitweise 1.877 Dollar die Unze. Allein in dieser Woche legte das Gold um etwa 120 Dollar zu. Auch der Schweizer Franken ist unverändert beliebt, der als weltweite Fluchtwährung genutzt wird. Damit ist die Politik der Schweizer Nationalbank weitgehend gescheitert. Sie hatte in dieser Woche versucht, den Kurs des Franken zu drücken, indem sie die Geldmenge drastisch erhöht hat. Doch der Effekt ist gleich Null. Den Nachteil hat die Schweizer Exportindustrie: Durch den Kursanstieg des Franken werden ihre Produkte auf dem Weltmarkt immer teurer.
Gesellschaft und Kultur SEITE 16