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Archiv-Artikel

Versprechen mit geringer Wirkung

STEUERSENKUNGEN Von einer Abschaffung des milliardenschweren Solidaritätszuschlages hätten Gering- und Mittelverdiener wenig. Konzerne und Besserverdienende dafür umso mehr. Kritik an FDP-Vorstoß

BERLIN taz | Von der in der Regierungskoalition diskutierten Abschaffung des Solidarzuschlags würden Gering- und Mittelverdiener kaum profitieren. Das geht aus einer Anfrage der Linken-Abgeordneten Barbara Höll an die Bundesregierung hervor. 11,3 Millionen Einkommensteuerzahler und damit rund ein Drittel aller Steuerzahler zahlen keinen Solidaritätszuschlag, weitere 2,2 Millionen nur eingeschränkt.

Der Solidaritätszuschlag ist ein 5,5-prozentiger Aufschlag auf die gezahlte Einkommensteuer, der nach der Wende eingeführt wurde. Nach einer Berechnung des Ökonomen Frank Hechtner von der Freien Universität Berlin bedeutete ein Wegfall ganz konkret, dass alle Singles mit einem monatlichen Bruttoverdienst von 1400 Euro und alle Verheirateten mit einem Bruttoverdienst von 2800 Euro nicht von einer Streichung profitieren würden, da sie keine Einkommenssteuer zahlen. Da es außerdem eine Gleitzone beim Soli gibt, würde sich die volle Wirkung der Abschaffung erst ab 1532 Euro Bruttoverdienst für Singles und 3064 Euro für Verheiratete entfalten. Dementsprechend harsch ist die Kritik aus der Opposition an dem Vorschlag, der von Hermann Otto Solms (FDP) ins Rennen geschickt wurde.

„Die FDP macht den Menschen wieder mal etwas vor“, sagt Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Grünen. Es gehe nur um eine Entlastung der Besserverdiener. „Das brauchen wir definitiv nicht“, so Schick. Auch Barbara Höll von den Linken kritisiert den Plan: „Das ist sozial nicht gerecht und funktioniert einfach nicht so, wie sich die FDP das vorstellt.“

Nicht genug, dass Besserverdienende überdurchschnittlich von einer Senkung des Solis profitieren würden, auch Großkonzerne würden entlastet. Da der Solidaritätszuschlag auch auf die Körperschaftssteuer erhoben wird, führt eine Senkung des Solis automatisch zu einer Entlastung der Unternehmen.

Selbst in der FDP ist man sich nicht einig über eine Abschaffung: Es wird moniert, dass man sich eher auf ein einfacheres Steuersystem konzentrieren soll als auf eine Entlastung für Besserverdienende. 2011 rechnet der Bund mit Einnahmen aus dem „Soli“ von 12,2 Milliarden Euro.

FRANZ NESTLER