: Sinneswandel des Hauptbelastungszeugen
PROZESS Zivilfahnder im Verfahren um verletzten Polizisten in Neuwiedenthal verweigert Aussage
Der Hauptbelastungszeuge im Prozess um die Massenschlägerei von Hamburg-Neuwiedenthal, bei der der Polizist Günter J. am 26. Juni 2010 mehrere Augenhöhlenbrüche erlitten hat, verweigert weiterhin die Aussage. Das ließ Zivilfahnder Jörg Sch. dem Landgericht Hamburg über seinen Berliner Anwalt Adrian Stahl mitteilen. Er werde weiterhin von seinem „umfangreichen Aussageverweigerungsrecht“ Gebrauch machen.
Nur fünf Tage zuvor hatte Stahl dem Gericht angekündigt, dass Sch. sein Schweigen brechen und für „ergänzende Fragen“ zur Verfügung stehen werde. Zivilfahnder Sch. ist der einzige Zeuge, der behauptet, den Angeklagten Amor S. gesehen zu haben, wie dieser in dem Tohuwabohu Günter J. und seinem Kollegen Oliver P. einen Tritt an die Köpfe verpasst habe, so dass diese zur Seite „wegflogen“. Sch. hält den vorbestraften Amor S. für einen „Intensivtäter im Sumpf der Straße“.
Vor Gericht hatte Sch. im Januar nur kurz die Anschuldigung vorgetragen, dann aber die Aussage verweigert, weil gegen ihn selbst wegen Körperverletzung im Amt ermittelt wird. Er soll bei der Randale einen Festgenommen im Streifenwagen einen Faustschlag versetzt haben. Da sonst kein Zeuge Amor S. belastet, der wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt ist, steht und fällt mit Sch.s Aussage die Anklage. Deshalb hatte Nebenklagevertreter Walter Wellinghausen, der Günter J. vertritt, die Aussagebereitschaft Sch.s bei einer erneuten Vernehmung angedeutet, aber vor der Sommerpause keinen konkreten Antrag gestellt. Deshalb war die Vorsitzende Richterin Birgit Woltas selbst vorstellig geworden.
Weshalb Sch. binnen fünf Tagen seine Haltung korrigierte, ist unklar. Anwalt Stahl begründete diese „Irritationen“ mit der „komplexen Lage“. Es solle nicht der „Eindruck eines übertriebenen Verfolgungswillen erweckt“ werden. Amor S. Verteidiger Uwe Maeffert vermutet indes, dass Sch.s Angaben von Anfang an erfunden waren. KVA