: Virtuosen-Treffen
JAZZ Im Rahmen des SHMF trifft der türkische Star-Klarinettist Hüsnü Șenlendirici auf den Kanun-Virtuosen Aytac Doğan und den schwedischen Ausnahme-Trompeter Håkan Hardenberger
Nicht einfach nur eine nostalgische Reminiszenz an die 1992 geschlossenen Musik- und Tanzhäuser der Roma in Sulukule ist Hüsnü Şenlendiricis nach dem Istanbuler Stadtteil benanntes Ensemble, mit dem sich der türkische Star-Klarinettist der Çiftetelli- und Bauchtanz-Tradition der ältesten Roma-Siedlung der Welt widmet und den legendären Musikern des von Armut gezeichneten historischen Viertels an der Theodosianischen Landmauer ein Denkmal setzt. Sondern auch eine sozio-politische Intervention. Denn in Sulukule sind im Zuge von staatlichen und privaten Stadterneuerungs- und Gentrifizierungsprojekten mehr als einhundert Häuser akut vom Abriss bedroht: anstelle der baufälligen Gebäude sollen schicke Villen im „ottomanischen Stil“ errichtet werden – die sich keiner der jetzigen Bewohner leisten kann.
Dabei kommt Şenlendirici zwar aus einer langen Klarinettisten- und Trompeter-Tradition, ist aber sonst mitnichten nur in der Folklore zu Hause. Schon sein Vater spielte Trompete in der Magnetic Band des türkischen Jazz-Pioniers Okay Temiz – wie später auch der Sohn. Und Şenlendirici kollaborierte mit der deutschen Krautrock-Legende Embryo ebenso wie mit der New Yorker Szenegröße Brooklyn Funk Essentials. Weltweit für Furore gesorgt hat schließlich vor sechs Jahren sein erstes Solo-Album „Hüsn-ü Klarnet“ – „The Joy Of Clarinet“, das orientalische Tradition und Jazz-Idiom vereint.
Beim „Jazzperten“-Treffen im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals morgen in der Lübecker Musik- und Kongresshalle trifft Şenlendirici auf die NDR Bigband und gleich zwei nicht minder eigenständige Virtuosen: Aytac Doğan spielt die arabische Zither Kanun, arbeitet mit Ensembles aus dem Nahen Osten ebenso zusammen wie mit den Wiener Philharmonikern – und als Taksim Trio mit Ismail Tunçbilek an der Bağlama und Şenlendirici an der Klarinette.
Der schwedische Trompeter Håkan Hardenberger schließlich ist ohnehin eine Ausnahmeerscheinung. Der 40-Jährige beherrscht wie kein Zweiter sowohl das klassische Repertoire wie auch Zeitgenössisches und gilt weithin als der derzeit beste Trompeter in klassischer ebenso wie Neuer Musik: die Times etwa hat den Schweden, der gerade mit der NDR Bigband an einem Miles-Davis-Projekt arbeitet, im letzten Jahr zum „greatest trumpeter on earth“ ernannt. MATT
■ Lübeck: Fr, 26. 8., 20 Uhr, MuK, Willy-Brandt-Allee 10