: Doch keine Vaterlandsverräter
Die US-Demokraten wollten verhindern, das Justizminister Gonzales mehr Macht erhält. Und sind gescheitert
WASHINGTON taz ■ Ist es ein Rätsel, warum die Demokraten im US-Kongress Präsident Bush zumindest für sechs Monate freie Hand gegeben haben, die Lauschangriffe auf US-Bürger mit ausländischen Kontakten auszuweiten? „Dieses Gesetz tut der Verfassung der Vereinigten Staaten Gewalt an“, hatte die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, unmittelbar vor der Abstimmung gesagt. Doch die konkreten Argumente der Demokraten hörten sich in der Debatte dann eher vage an. Ihr im Senat vorgebrachter Alternativvorschlag sah vor, durchaus das Abhören von Gesprächen zwischen „Terrorverdächtigen“ im Ausland ohne vorherige gerichtliche Genehmigung zu ermöglichen – lediglich für Gespräche, bei denen ein Teilnehmer in den USA sitzt, sollte ein Richter binnen 15 Tagen solche Maßnahmen überprüfen müssen. Damit sollten die US-Bürgerrechte geschützt werden.
Allerdings hatte Präsident George W. Bush umgehend sein Veto gegen dieses Ansinnen angekündigt. Der Antrag wurde fallen gelassen. Im Repräsentantenhaus scheiterten die Demokraten mit der Forderung, die ausgeweiteten Befugnisse nur für vier Monate zu gewähren. Zwar kam eine Mehrheit der Abgeordneten dafür zustande, aber nicht die nötige Zweidrittelmehrheit.
Die Demokraten wollten vor allem verhindern, dass der durch zahlreiche Politaffären angeschlagene Justizminister Alberto Gonzales, einer der wichtigsten Steigbügelhalter Bushs, mit dem Abhörgesetz zusätzliche Machtbefugnisse bekommt. Seit Monaten läuft die liberale Presse gegen die Machenschaften von Gonzales etwa bei der Entlassung unliebsamer Staatsanwälte Sturm, und die Demokraten streben ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Justizminister an.
Letztendlich aber wollten offenbar viele Abgeordnete der Demokraten mit Blick auf den längst entbrannten Präsidentschaftswahlkampf nicht in das offene Messer der „Vaterlandsgefährder“ laufen: „Es ist nicht das ideale Gesetz, aber es ist wichtig, dass wir alles tun, um dem amerikanischen Volk ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln“, sagte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, der Demokrat Silvestre Reyes.
KARIN DECKENBACH