: Rebellen wollen Regierung bilden
LIBYEN Das erste Mitglied des Übergangsrats soll bereits in Tripolis sein, viele Gaddafi-Getreue laufen über
TRIPOLIS dapd/dpa/rtr/afp | Angesichts des Umsturzes in Libyen planen die Aufständischen nun die Bildung eines Kabinetts. Das sagte Rebellenführer Mahmud Dschibril nach einem Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy am Mittwochabend in Paris. Geplant sei außerdem die Einrichtung eines Nationalkongresses, der wiederum ein Komitee zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung bilden solle, sagte der Vorsitzende des Exekutivausschusses des Übergangsrats.
Nach Angaben eines Offiziers ist der erste Vertreter des Übergangsrats in der Hauptstadt eingetroffen. Ein Mitglied des Exekutivkomitees des Rats – vergleichbar mit einem Minister – sei im Westen von Tripolis eingetroffen, sagte Atman Ibrahim Mleita, Kommandeur der Rebelleneinheit al-Karkar. Er nannte keinen Namen. Der Übergangsrat hatte in Bengasi angekündigt, aus Sicherheitsgründen keine Details zur Anreise seiner Mitglieder nennen zu wollen.
Nach der Eroberung von Tripolis durch die Rebellen laufen immer mehr Vertraute des langjährigen Machthabers Gaddafi zu den Aufständischen über. Die Nummer zwei des libyschen Geheimdienstes, Chalifah Mohammad Ali, erklärte am Mittwochabend im Fernsehsender al-Arabija, er stelle seine Dienste der Revolution vom 17. Februar zur Verfügung. Zugleich rief er alle weiteren Geheimdienstmitarbeiter und Soldaten auf, seinem Beispiel zu folgen.
Auch Gaddafis Gesundheitsminister Mohammed Hidschasi wechselte die Seiten und begründete den Schritt mit der Eroberung der Hauptstadt. Trotz dieses Erfolgs ermahnte er die Aufständischen: „Das Gaddafi-Regime hat so seine Tricks und Taktiken. Man muss mit allem rechnen. Ich warne die Rebellen, bleibt wachsam.“
In Tripolis kam es am Donnerstag weiter vereinzelt zu Gefechten. In der Nähe der von Rebellen gestürmten Residenz Gaddafis wurde jedoch weiter heftig gekämpft. Zu den schwersten Gefechten kam es am internationalen Flughafen. Gaddafi-Kämpfer versuchten, die Kontrolle über das Areal zurückzuerlangen. Entlang der Küstenstraße westlich der Hauptstadt rückten die Rebellen weiter vor. Al-Dschasira berichtete, in der Umgebung von Gaddafis Heimatstadt Sirte würden sich Rebellenkämpfer auf ein mögliches Scheitern der Verhandlungen über einen friedliche Übergabe der Stadt vorbereiten.
Willkürliche Exekutionen
Bei den Kämpfen mehren sich die Anzeichen für willkürliche Exekutionen wehrloser Gegner. Die Leichen von über 30 Männern, die höchstwahrscheinlich zu den Truppen Gaddafis gehörten, seien in einem Feldlager im Zentrum von Tripolis gefunden worden, wie ein Reuters-Reporter berichtete. Die Körper seien von Kugeln durchsiebt worden. Bei mindestens zweien seien die Hände mit Kabelbindern gefesselt gewesen.
In ein Krankenhaus in Tripolis wurden die Leichen von 17 Zivilisten eingeliefert, die nach Angaben einer britischen Helferin von Gaddafi-Kämpfern exekutiert wurden. „Diese Jungs wurden vor zehn Tagen verhaftet“, sagte Kirsty Campbell vom Internationalen Ärzte-Korps. Rebellen hätten die Leichen in Bab al-Asisija gefunden, dem militärischen Areal mit dem Wohnsitz Gaddafis. „Sie wurden dort mit Schüssen hingerichtet“, sagte Campbell. Ihr sei berichtet worden, es seien noch mehr Erschossene dort gefunden worden.
Unterdessen diskutierte der UN-Sicherheitsrat am Mittwochabend über einen US-Vorschlag zur Freigabe eingefrorener libyscher Gelder zugunsten der Rebellen. Der südafrikanische UN-Botschafter Baso Sangqu forderte, zunächst die Entscheidung der Afrikanischen Union über eine Anerkennung des Nationalen Übergangsrates abzuwarten.