: Bekennende Marzahnerin
betr.: „Hausmeister des Rock ’n’ Roll. Ostberlin bekommt eine Frank-Zappa-Straße“ von Barbara Bollwahn, taz vom 30. 7. 07
Die Geschichte des ORWO-Hauses ist gut recherchiert und der Artikel gut geschrieben. Bis auf eine Passage: „Und das in einem Plattenbaubezirk, der meistens mit Abstieg und Hoffnungslosigkeit in Verbindung gebracht wird: jammernde Ostler, die keine Arbeit haben, die in der Vergangenheit leben und die ihre Stütze zum Getränkestützpunkt tragen und ihre Kinder zur kostenlosen Kinderspeisung. Die den Arm zum Hitlergruß erheben oder „Wir sind das Volk“ schreien, wenn ihnen nichts mehr gegen ihre Perspektivlosigkeit einfällt.“
Ich wohne seit 1979 in der Platte. Meine anfängliche Ablehnung, hierherzuziehen, hat sich in den fast 30 Jahren zum „bekennenden Marzahner“ gewandelt.
Genau diese Perspektivlosigkeit und die eventuell daraus resultierenden „Aktionen“ gibt es nach wie vor auch in anderen Bezirken, genauso wie es auch im Westteil Platten gibt (Gropiusstadt, Märkisches Viertel. Vielleicht ist hier die soziale Vermischung sogar wesentlich geringer ausgeprägt). Marzahn hat auf Grund seiner Entstehungsgeschichte ein hohes soziales Niveau und nicht alle von den „normalen“ Einwohnern sind nach der Wende weggezogen oder automatisch arbeitslos geworden.
Machen Sie doch mal eine Reportage über die schönen, grünen Seiten Marzahns und befragen sie die Menschen, die sich hier Eigentum gekauft haben, die aus dem Westteil hierher gezogen sind, weil es hier ruhig und grün ist und man trotzdem in 20 bis 30 Minuten mitten im Zentrum Berlins ist. S-Bahn alle fünf bis zehn Minuten, dazu Straßenbahn und Bus, jede Menge Radwege mit entsprechenden Zielen, sogar Wasser.
Zwischen den Platten stehen jede Menge Siedlungshäuschen. Auch diese Menschen sind Marzahner und werden beleidigt. Wieso glauben Sie, wurde eine Unsumme an Geld ausgegeben, um die Platte zu verschönern und zu sanieren? Wenn hier nur Assis wohnen würden, dann hätte man diese alle in den alten Wohnblocks zusammenfassen können und den Rest abreißen. PETRA ZANDER, Berlin
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