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Archiv-Artikel

Klassischer Hurrikan

KLIMA „Irene“ ist ein normales Wetterereignis und wird als Tiefdruckgebiet in Europa enden

BERLIN taz | Ist der Hurrikan „Irene“, der derzeit die dicht besiedelte Ostküste der USA heimsucht, ein einzigartiges Ereignis und möglicherweise ein Vorbote für den Klimawandel? Die Frage mag sich aufdrängen, lässt sich aber kaum beantworten. Ein einzelnes Wetterereignis – sei es ein Hurrikan, ein Schneesturm oder eine Dürre – bedeutet erst einmal gar nichts. Bedeutsam wäre jedoch, wenn Zahl und Intensität von extremen Wetterereignissen über einen großen Zeitraum zunehmen würden. Ob dies bei den Hurrikanen der Fall ist, ist unter Wissenschaftlern umstritten – zumal die für die Entstehung von Hurrikanen notwendige hohe Wassertemperatur des Ozeans nicht nur von der Lufttemperatur, sondern auch von Meeresströmungen abhängt.

Tropische Wirbelstürme bilden sich überall auf der Welt in den tropischen Ozeanen in den jeweiligen Sommer- beziehungsweise Herbstmonaten. Im Atlantik und im Nordostpazifik heißen sie Hurrikane, im Nordwestpazifik heißen sie Taifune und im Indischen Ozean Zyklone. Hurrikane brauchen zur Entstehung eine Wassertemperatur von mindestens 27 Grad. Je weiter ihr Weg über warmes Meerwasser führt, desto größer und stärker können sie werden. Strömen sie über Land oder kühleres Meerwasser, schwächen sie sich ab und werden schließlich ungefährlich.

Der Hurrikan „Irene“ hatte nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes über dem warmen tropischen Atlantik „ideale Startbedingungen“. Als Störung nahe der Kapverdischen Inseln gestartet, entwickelte er sich in einer östlichen Strömung zu einem tropischen Sturm, bevor er sich in der Karibik zum Hurrikan aufpuschte. Auf den Bahamas verursachte er schwere Schäden. Dort drehte er nach Norden ab – mit Kurs entlang der Ostküste der USA. Diese Zugbahn ist selten; normalerweise ziehen Hurrikane über die Karibik hinweg, oder sie drehen in nordöstlicher Richtung auf den offenen Atlantik ab, wo sie kaum Schäden verursachen und sich in außertropische Tiefdruckgebiete umwandeln. Auch „Irene“ wird, den aktuellen Prognosen folgend, einen allmählich nach Osten abknickenden Weg an der Südspitze Grönlands vorbei nach Island suchen und sich in ein normales Tiefdruckgebiet umwandeln – und in einigen Tagen in Europa ankommen. RICHARD ROTHER