Lichtblick ist öko, Flensburg billig

Bremer Verbraucherzentrale ruft zum Wechsel des Stromanbieters auf – weil der SWB-Tarif so teuer ist wie Ökostrom von Lichtblick. Mit den Stadtwerken Flensburg kann eine Familie 93 Euro sparen

Von Klaus Wolschner

Seit zehn Jahren ist der Strommarkt „liberalisiert“. Alle WohnungsinhaberInnen und MieterInnen haben seither die Wahl, bei wem sie ihren Strom beziehen. 95 Prozent der VerbraucherInnen sind da konservativ: Sie scheuen einen Wechsel. Nur fünf Prozent haben gewechselt – dabei könnten die VerbraucherInnen sehr viel stärker als bisher ihre Macht ins Preisspiel bringen. Das hat die Verbraucherzentralen bundesweit auf die Idee gebracht, mit der Bild-Zeitung zusammenzuarbeiten. „Ist Ihr Stromanbieter auch zu gierig?“ ist das Motto des ersten Plakates, das gestern auch in Bremen enthüllt wurde. Die Botschaft: Stromanbieter wechseln ist einfach.

Allerdings stellen sich den wechselwilligen viele Fragen: Wollen Sie 3.600 Kilowattstunden zu einem günstigen Festpreis per Vorkasse kaufen – mit dem Risiko, bei Mehr-Verbrauch zuzahlen zu müssen? Wollen Sie Öko-Strom bei Lichtblick, bei Greenpeace oder bei der Bremer SWB (pro Natur) kaufen? Oder ersparen Sie sich die Kopfschmerzen und bleiben beim SWB-Basis-Tarif – auch wenn das 93 Euro im Jahr mehr kostet?

Nach der von Bild gestern verbreiteten Tabelle zahlt eine vierköpfige Familie für ihre durchschnittlichen 4.430 Kilowattstunden Strom im Jahr zwischen 1.005 Euro (Zwickau) und 742 Euro (Yello Ulm). Yello in Bremen kostet 929 Euro, derselbe Strom bei der SWB 939 Euro. Der günstigste konventionelle Anbieter sind die Stadtwerke Flensburg, die für dasselbe nur 844 Euro nehmen, also immerhin 95 Euro weniger als die SWB. Auf die Frage, warum Yello in Bremen so viel teurer ist als in Ulm, redet sich die nette Dame der Hotline mit den Netzgebühren heraus – die sind aber für alle Anbieter in Bremen gleich. Und auch zwischen Ulm und Bremen ist der Unterschied da nicht so groß.

Die Stromanbieter wollen sich eben nicht in die Karten gucken lassen. In Großbritannien sind die Strompreise um 30 Prozent niedriger als in Deutschland, sagt die Verbraucherzentrale. In Bremen, so Irmgard Czarnecki, sei es das Ziel, die Wechsler-Quote von fünf auf zehn Prozent zu verdoppeln. Wobei es der Verbraucherzentrale egal ist, zu wem die Kunden wechseln. Bei Lichtblick, so ist auf ihrer Webseite zu lesen, ist der „grüne“ Ökostrom praktisch genauso teuer wie der SWB-Tarif. Wer vor allem sparen will, kann zu den Flensburgern wechseln. Nichts hält die Verbraucherzentrale von komplizierten Festpreis-Modellen mit dem Namen „Flex“.

Auch Strom-Sparen ist Thema: Wenn alle auf die Stand-by-Stromfresser verzichteten und Sparlampen einsetzen würden, könnten zwei Atomkraftwerke abgeschaltet werden, sagt Czarnecki. Von dem Argument, dass BremerInnen aus lokaler Treue bei der SWB Strom kaufen müssten, hält sie wenig: „Treue ist keine Einbahnstraße.“

Und was sagt die Verbraucher-Lobbyistin zum Verzicht der SWB auf das Kohlekraftwerk? „Dieses Argument fehlt uns nun erfreulicherweise.“ Gefreut hat sie sich auch über die Nachricht vom Stromanbieter RWE, der auf eine geplante Strompreisanhebung verzichten will. Vattenfall – fast genauso teuer wie die SWB – hat in den letzten Wochen 40.000 Kunden verloren, berichtet Czarnecki: „Wir haben mit unserer Kampagne noch gar nicht angefangen und schon Erfolg.“