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Archiv-Artikel

Verschrobenes Blumenkind

Vom wandernden Lo-Fi-Exzentriker zum prominentesten Vertreter des „New Weird America“. Am Montag ist der US-amerikanische Neo-Psych-Folk-Hippie Devendra Banhart im Knust zu Gast

Noch nicht einmal 21 Jahre alt war der in Texas geborene und in Venezuela und Kalifornien aufgewachsene wandernde Maler und Musiker Devendra Banhart – benannt nach einem indischen Mystiker, dem er wie auch seine Eltern bis heute folgen –, als er vor fünf Jahren seine auf Vier-Spur-Geräten und Anrufbeantwortern von Freunden aufgenommenen Stücke dem Ex-„Swans“-Chef und „Young God Records“-Gründer Michael Gira präsentierte.

Der war sofort überzeugt von dem langhaarigen, vollbärtigen Bilderbuchhippie, der im zarten Alter von acht Jahren begann, heimlich in Mutters Kleider zu schlüpfen und stundenlang in ihren Lockenstab zu singen, 1998 dann im berühmten San Franciscoer Schwulenviertel Castro zum ersten Mal öffentlich auftrat – mit Elvis’ „Love Me Tender“ – und schließlich sein Studium an der dortigen Kunstakademie abbrach, um die nächsten zwei Jahre auf irgendwelchen Sofas in Paris, San Francisco und Los Angeles zu schlafen und Songs zu schreiben.

Dabei war der No-Waver nicht nur von der charakteristischen zitternden Stimme und den Songschreiberqualitäten des Neo-Psych-Folk-Hippies begeistert. Banhart, lässt Gira wissen, sei darüber hinaus der „authentischste, am wenigsten zynische und berechnende Künstler, den ich je kennen gelernt habe“. Seine ebenso leidenschaftlich wie professionell vorgetragenen, schmerzhaften, verschrobenen, bisweilen weinerlichen, dann wieder auf merkwürdige Weise komischen Songs trügen eine Ernsthaftigkeit in sich, die auch nur den Ansatz derweil so beliebter postmoderner Ironie vermissen ließen.

Gira entschied sich, Banhart mehr als das Dasein eines exzentrischen Lo-Fi-Spinners zu ermöglichen. Mit dem besten Vintage-Equipment wurden 32 der bis dato immerhin 57 Songs aufgenommen und unter dem beeindruckenden Titel „Oh Me Oh My/Oh Me Oh My… The Way the Day Goes By the Sun Is Setting Dogs Are Dreaming Lovesongs of the Christmas Spirit“ veröffentlicht. Im nächsten Jahr folgte dann auf „Young Gods“ die EP „The Black Babies“, 2004 dann die beiden Alben „Rejoicing in the Hands“ und „Niño Rojo“, bevor Banhart zu „XL Recordings“ wechselte, um „Cripple Crow“ aufzunehmen, das erste Album, auf dem sich Celli, Geigen, Klavier und Orgel zu Banharts Stimme und Gitarre mischen. In Woodstock natürlich.

Da war Banhart längst neben Joanna Newsom, dem „Animal Collective“ und „Six Organs of Admittance“ der prominenteste Vertreter jenes unscharf umrissenen Psychedelic Folk-Revivals, das das britische Blatt Wire schließlich in Anlehnung an Greil Marcus’ „Old Weird America“ „New Weird America“ taufen sollte.

Dabei verlässt sich Banhart längst nicht mehr nur auf Psych-Folk. Das im letzten Jahr erschienene Stück „White Reggae Troll“ wechselt nach der Hälfte von Reggae zu funkigem Punk. Wohin das im September erscheinende neue Album „Smokey Rolls Down Thunder Canyon“ führt, ist am Montag im Knust zu hören. ROBERT MATTHIES

Mo, 13. 8., 21 Uhr, Knust, Neuer Kamp 30; Support: Nils Koppruch