: Einblick (554)
MARTIN SCHEPERS, KÜNSTLER
■ Martin Schepers (*1979) studierte an den Kunstakademien Münster, Düsseldorf und UCLA, Los Angeles, sowie Philosophie an der WWU Münster. Ausstellungen u. a. in Berlin, Wien und New York. Seine Zeichnungen und Installationen abstrahieren industrielle Produktionsprozesse. Mit dem Künstlerkollektiv IKONOSTASE (mit Florian Dietrich und Markus Zimmermann) entwickelt er Aktionen im öffentlichen Raum auf der Schnittstelle von Religion, Wirtschaft und Kunst. Arbeit als Bühnenbildner u. a. für Mamma Medea (2013, St. Pölten). Aktuell zu sehen: „Out of this world“ (mit Philip Topolovac) im Haus am Lützowplatz.
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie/dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?Martin Schepers: In meiner aktuellen Beschäftigung mit Architektur und ihrer gesellschaftlichen Dimension waren es zwei Ausstellungen, die mich sehr inspiriert haben: zum einen die Ausstellung „WChUTEMAS – Ein russisches Labor der Moderne“ im Martin-Gropius-Bau. Es ist sehr erstaunlich, wie experimentell in dieser Kunstschule gearbeitet wurde, und man spürt den energischen Aufbruchsgeist, etwas Neues zu versuchen, in sehr vielen künstlerischen Werken. Auch rein formal sind die Zeichnungen dieser Ausstellung außergewöhnlich. Zum anderen „Stellar Remnants“ von Martin Boyce in der Galerie Johnen. Es beeindruckt mich, wie Boyce es schafft, Gegenständen einen zugleich nutzlosen, aber auch rituellen Charakter zu geben. Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst du empfehlen? Für mich ist die Berliner Philharmonie wie ein Akkuladegerät. Mindestens ein- bis zweimal im Monat gehe ich dort hin, danach ist die Energie wiederhergestellt. Vor allem das Arditti-Quartett mit Kompositionen von Kurtag und Ligeti sowie die sechste Symphonie von Gustav Mahler waren Konzerte, die noch lange nachgewirkt haben. Im Januar beginnt in Berlin wieder das Ultraschallfestival für Neue Musik. Das kann ich nur empfehlen! Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie/dich zurzeit durch den Alltag? Ohne Buch im Berliner Nahverkehr geht es gar nicht. Zurzeit wechseln sich da drei Bücher ab: 1. „Seeing from Above – The Aerial View in Visual Culture“, ein sehr gut recherchierter Sammelband über die Entstehung des kartografischen Blicks und die Perspektive aus der Luft. 2. „Paradigmen einer Metaphorologie“ von Hans Blumenberg. Der Titel klingt komplizierter, als es ist. Blumenbergs Nachdenken darüber, was die Metapher heute noch sein kann und wie das Verhältnis von Begriff und Bild ist, machen ihn für mich zum Philosophen der Stunde. 3. „Kruso“ von Lutz Sailer. Ich habe selten so langsam gelesen, eigentlich ist dieser Roman ein 500-Seiten-Gedicht. Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen/dir am meisten Freude? Schön ist es ja, wenn man auf Dinge zurückgreifen kann, von denen man weiß, dass sie bei einem die Stimmung heben. Das ist bei mir der Morgen in der Küche mit meinem Sohn – er eine heiße Milch, ich einen Café. Immer wieder auch das Kino Krokodil in der Greifenhagener Straße. Das ist auf osteuropäische Filme spezialisiert, die man sonst kaum zu sehen bekommt. Und die Zeiten, wo man in seiner eigenen Arbeit auf neue Dinge oder Themen stößt und man spürt: Das wird mich jetzt für Monate beschäftigen!