: Tauziehen um Bani Walid
LIBYEN Die Wüstenstadt ist eine Bastion von Gaddafi-Anhängern. Weitere Verhandlungen über eine friedliche Übergabe sind jedoch möglich
SCHISCHAN afp | Nach dem Scheitern der Verhandlungen über eine friedliche Übergabe der libyschen Wüstenstadt Bani Walid steht ein Angriff womöglich kurz bevor. Ein Vertreter der libyschen Militärführung sagte am Montag, sie warteten auf den Befehl zum Angriff auf die Bastion des bisherigen Machthabers Muammar al-Gaddafi.
Vertreter des Nationalen Übergangsrats hatten tagelang versucht, die Kämpfer Gaddafis in der rund 170 Kilometer südöstlich von Tripolis gelegenen Stadt zum Aufgeben zu bewegen. Am Sonntagabend erklärte Verhandlungsführer Abdallah Kenschil die Verhandlungen für gescheitert. Die Gaddafi-Getreuen hätten gefordert, dass die Vertreter des Übergangsrats unbewaffnet nach Bani Walid kämen. Dies sei wegen der Gefahr eines Hinterhalts abgelehnt worden.
Der Vizekommandeur des Militärrats von Tarhuna, Abdelrassak Naduri, sagte am Montag, sie warteten auf den Befehl zum Angriff. Womöglich werde das Ultimatum aber auch bis Samstag verlängert. Es gebe zudem Bemühungen, die Verhandlungen fortzuführen, sagte Naduri. Bani Walid ist neben den Oasenstädten Sabha und Dschufra sowie Gaddafis Geburtsort Sirte eine der letzten Bastionen Gaddafis. Die Wüstenstadt ist eine Hochburg des mächtigen Warfalla-Stammes, der traditionell Gaddafi unterstützte.
Inzwischen ist der Stamm aber in seiner Haltung zu Gaddafi gespalten. Kenschil schätzte die Zahl der „schwerbewaffneten“ Kämpfer in Bani Walid auf unter fünfzig. Geflohene Bewohner berichteten, die meisten Kämpfer Gaddafis hätten mit ihren Waffen die Stadt verlassen. Nach Angaben von Kenschil befinden sich aber Gaddafis Söhne Saadi und Mutassim sowie sein früherer Sprecher Mussa Ibrahim weiter in der Stadt.
Saadi sagte am Sonntag in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNN, er befinde sich in der Nähe von Bani Walid. Er betonte, er sei „neutral“ und bereit, bei der Vermittlung eines Waffenstillstands zu helfen. Er habe seinen Vater seit zwei Monaten nicht mehr gesehen, sagte der frühere Fußballer und Offizier und warf seinem Bruder Saif al-Islam vor, für das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich zu sein.
Der Militärsprecher des Übergangsrats, Ahmed Omar Bani, bestätigte unterdessen den Tod des Gaddafi-Sohns Chamis sowie des früheren Geheimdienstchefs Abdullah Senussi. Sie seien in der Nähe von Tarhuna getötet worden. Chamis war der Kommandeur einer Eliteeinheit, deren Basis vergangene Woche nach heftigen Gefechten eingenommen worden war.
Der Berater von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, Ian Martin, bot unterdessen dem Übergangsrat die Hilfe der UNO bei der Organisation von Wahlen an. Martin war am Samstag in Tripolis eingetroffen, um Möglichkeiten zur Unterstützung der neuen Führung zu prüfen. Der Übergangsrat will in acht Monaten eine verfassungsgebende Versammlung wählen, bevor ein Jahr später Parlamentswahlen abgehalten werden.