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Archiv-Artikel

Polizeichef bleibt frei

Südafrikas oberster Polizist wird wegen Verbrechen in der Zeit der Apartheid verurteilt, in Haft muss er aber nicht

JOHANNESBURG taz ■ Ins Gefängnis geht er nicht, obwohl das Gericht ihn für schuldig befand: Adriaan Vlok, berüchtigter Polizeiminister im Südafrika zu Zeiten der Apartheid, ist gestern in Pretoria zu einer Strafe von zehn Jahren Haft verurteilt worden. Vlok hatte auf schuldig plädiert für den 1989 versuchten Mord an Frank Chikane, dem damaligen Generalsekretär des südafrikanischen Kirchenrates. Doch er und der mitangeklagte Expolizeichef Johan van der Merwe erhielten Strafen, die nicht vollstreckt werden. Falls beide in den kommenden fünf Jahren nicht straffällig werden, entfällt auch die zehnjährige Haftstrafe. Drei Mittäter erhielten ebenso ausgesetzte Strafen in Höhe von fünf Jahren.

Der kurze Prozess, in dem alle Angeklagten ihre Schuld eingestanden, eröffnete in Südafrika erneut die Diskussionen um die Gräueltaten des weißen Apartheidregimes. Protestgruppen versammelten sich zur Urteilsverkündung. Opfergruppen forderten mehr Gerechtigkeit, damit es zu einer Versöhnung kommen könne. Die Afrikaans-Bürgerinitiative Afri-Forum hingegen kritisierte, dass einstige Antiapartheidaktivisten für ihre verübten Taten kaum zur Rechenschaft gezogen würden und die Strafverfolgungsbehörden eine „Hexenjagd“ betreiben würden.

Adriaan Vlok hatte bereits 2006 Frank Chikane, dem heutigen Generaldirektor des Präsidentenbüros von Thabo Mbeki, um Vergebung gebeten. Zur Überraschung von Chikane kniete Vlok bei seinem Besuch nieder und wusch ihm die Füße.

Vlok und van der Merwe hatten die Tötung des Aktivisten Chikane angeordnet: Unterwäsche in Chikanes Reisekoffer war mit einem tödlichen Nervengas getränkt worden. Chikane wurde schwer krank, entkam knapp dem Tod. Chikane hatte stets an Täter appelliert, mit der Wahrheit im Interesse aller ans Licht zu kommen. Einige legten vor der früheren Wahrheits- und Versöhnungskommission ein Geständnis ab und erhielten Amnestie. Doch viele andere, wie der ehemalige Präsident Pieter Willem Botha, schwiegen.MARTINA SCHWIKOWSKI