: Stefan Osterhaus schaut sich in den Galerien von Berlin um
Entkommen können wir ihnen gerade nicht. Unmöglich, beim besten Willen, es geht einfach nicht, ganz gleich wie sehr wir es auch wollen. Gesichter, Prachtvisagen. Köpfe. Münder, Nasen, Ohren, Haare. Portraits in Reinkultur. Gemalt. Aus der Renaissance. Da Vinci in Berlin, herrlich, was will man mehr, Frauchen mit Hermelin, schön anzusehen, was für ein Ausgleich dafür, in Permanenz auf die Mona Lisa verzichten zu müssen. Schlange stehen für Köpfe, für Profile, die ärgerlicherweise nur bis Ende Oktober zu sehen sind. Und für diejenigen, die nicht das Glück haben, hereinzukommen: Auch sie können den Bildern nicht entfliehen, denn sie sind per Plakat überall zu sehen, und teilen sich den öffentlichen Raum mit einer anderen Serie von Plakaten, von Gesichtern, von Portraits. Aber so ist das, wenn die Straße zum Ausstellungsraum wird und sich unsereins an den Visagen der Herren Wowereit und Henkel ergötzen kann, und man staunt, dass sie offenbar ein solches Zutrauen in die Strahlkraft des eigenen Anlitzes haben und die klassische Darstellungsform suchen: Traditionell in der Methode sind auch Gert und Uwe Tobias, Zwillingsbrüder aus Köln, ausgestellt bei CFA, deren Show ganz ohne Titel auskommt. Stillleben sind ihre Domäne, doch die Dinge sind nicht nur starr, sie sind im Fluss, in Bewegung, und mag es auch nur eine Schnecke sein, die sich ihren Weg durchs Bild bahnt. Doch vor allem sind es Vögel, die die Starre aufbrechen, ein Flügelschlag, ein Luftzug, der das traditionelle Bild verkehrt und die Motive in die Gegenwart holt. Die Vergangenheit beschwört Jeronimo Voss in seiner Ausstellung „Aufstand der Fischer“ in der Galerie von Cinzia Friedländer. Velasquezhaft zeigt der Knochenmann den Lauf der Zeit an, die verrinnt und verrinnt und verrinnt. So hat alles eine Zeit. Nicht gerade erbaulich. Aber trotzdem sehenswert.
■ Gert und Uwe Tobias; bis 02. Oktober, Di- Fr , 11-18, Sa, 11- 16 Uhr, CFA, Am Kupfergraben 10 ■ Jeronimo Voss: Aufstand der Fischer; bis 19. November, Mi-Sa 13-18, 7.-11.9. 12-18 Uhr, Cinzia Friedländer, Potsdamer Str. 105