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Archiv-Artikel

Gute Zeiten, schlechte Zeiten

ARTEN Wilderei, der Verlust von Lebensraum und der Klimawandel haben vielen Tierarten 2014 zugesetzt. Andere profitierten aber von Schutzgebieten und Auswilderungen

„Das größte globale Artensterben seit den Dinosauriern“

EBERHARD BRANDES, WWF

BERLIN afp/taz | Meldungen über immer militärischer organisierte Nashorn- und Elefantenwilderei oder über Minenfirmen, die die Lebensräume ohnehin bedrohter Arten wie den Bonobos einschränken, gab es auch 2014 genug. Dagegen stehen aber auch Erfolgsberichte: von wiedergekehrten Elchen und von neuen Schutzgebieten in den Weltmeeren und Urwäldern. Der Umweltverband WWF zog deshalb am Montag eine durchaus gemischte Bilanz für den Artenschutz – auch wenn sich Eberhard Brandes, Geschäftsführender Vorstand des WWF Deutschland, die Warnung nicht verkneifen konnte: „Der Mensch verursacht gerade das größte globale Artensterben seit Verschwinden der Dinosaurier.“

Die Verlierer

Amerikanischer Monarchfalter: Der Bestand der orange-roten Schmetterlinge, die vor allem in Nord- und Südamerika verbreitet sind, ist auf ein Rekordtief abgesackt. Innerhalb eines Jahres hat sich die Population um 44 Prozent verringert. Die Falter brauchen Seidenpflanzen, um sich zu ernähren. Diese werden in den USA jedoch durch die Expansion des Sojaanbaus, in Mexiko durch Holzeinschläge verdrängt. Mit dem Monarchfalter droht ein einzigartiges Naturschauspiel zu verschwinden: Jeden Herbst fliegen Abermillionen Exemplare von Nordamerika nach Mexiko.

Bonobos: Der Salonga-Nationalpark in Afrika gilt als letzter sicherer Zufluchtsort der Menschenaffen, er wird allerdings zunehmend von Wilderern genutzt. Hinzu kommt, dass die kongolesische Regierung für einen Teil des bislang unberührten Gebiets Konzessionen zur Förderung von Erdöl vergeben hat.

Lemuren: Auf der Roten Liste 2014 finden sich 94 Prozent der Primaten in einer der drei höchsten Gefährdungskategorien, darunter die größte Lemurenart, der Große Indri, und auch der kleinste Primat der Welt, der Berthe-Mausmaki. Lemuren kommen ausschließlich auf Madagaskar vor, wo die illegale Abholzung von Eben- und Rosenholz sowie Palisander auch in den Schutzgebieten enorm zugenommen hat.

Elefanten: 2014 lag die Wilderei auf Elefanten in Afrika zum vierten Mal in Folge über der natürlichen Reproduktionsrate. Einzelne Populationen sind inzwischen vom Aussterben bedroht. In ganz Afrika leben derzeit schätzungsweise rund 430.000 Elefanten.

Nördliches Breitmaulnashorn: Mit dem Nashornbullen Suni starb 2014 in Kenia das wahrscheinlich weltweit vorletzte fortpflanzungsfähige Männchen dieser Nashorn-Unterart. Damit gibt es nur noch sechs Exemplare.

Walross: Im Herbst strandeten 35.000 Walrösser an einem Festlandstrand in Alaska. Normalerweise ruhen sich die Tiere auf Eisschollen aus. Doch das arktische Packeis hat sich aufgrund des Klimawandels stärker zurückgezogen. Die Tiere mussten notgedrungen ausweichen.

Löwe: Population und Lebensraum des Löwen in Afrika schwinden dramatisch. In freier Wildbahn gibt es vermutlich nur noch 23.000 Tiere. Sie leiden darunter, dass die Menschen ihre Siedlungen in die Gebiete der Löwen ausweiten und Nutztiere deren Beutetiere wie Gazellen oder Zebras verdrängen. Man schätzt die Zahl der Löwen in freier Wildbahn auf etwa 23.000 Tiere.

Die Gewinner

Blauwal: Eine große Blauwal-Population der Südhalbkugel bekommt mehr Schutz: Chile hat vor der Küste des Landes ein 70.000 Hektar großes Schutzgebiet eingerichtet. Etwa 250 Blauwale kommen jährlich in den Golf von Corcovado, um dort ihre Jungen aufzuziehen. Seit 2005 hat der WWF für das Schutzgebiet gekämpft.

Elch: Der Großhirsch ist wieder in Deutschland heimisch geworden. Damit müssen aber auch Wildschäden und Probleme im Straßenverkehr thematisiert werden. Die ersten Elch-Managementpläne sind in Arbeit.

Berggorilla: Der Ölkonzern Soco International beendet die Aktivitäten zur Ölförderung im kongolesischen Virunga-Nationalpark. Die Region ist Heimat von etwa 200 gefährdeten Berggorillas.

Bartgeier: 2014 war ein Rekordjahr für die Wiederansiedlung der Bartgeier im Alpenraum, die auch Lämmergeier genannt werden. Mit zwei ausgewilderten Tieren und acht in der Wildnis geschlüpften bekommt die Population einen wichtigen Wachstumsschub. Heute gibt es wieder über 150 Tiere in den gesamten Alpen.