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Archiv-Artikel

Gute Wünsche für die Kinder der Billigjobber

Von der Leyen erhält viel Zuspruch für ihren Plan, mehr Familien einen Kinderzuschuss zu gewähren. Wer das bezahlen soll, ist aber in der großen Koalition noch umstritten. Heute beschließt die CDU ein Programm gegen Kinderarmut

BERLIN taz ■ Der Vorschlag war kaum formuliert, schon überboten sich Politiker mit Lob. „Das ist sozialdemokratisches Herzblut“, sagte Schleswig-Holsteins Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD). Auch Bayerns Sozialministerin Christa Stewens (CSU) sprach von einem sinnvollen Vorschlag. Die Idee sei „so erfreulich wie überfällig“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Auch der Städte-und Gemeindebund begrüßte die Pläne.

Die Bundesregierung will Geringverdienern das Elternsein erleichtern: Häufiger als bisher sollen sie einen „Kinderzuschlag“ erhalten. Anspruch auf diese Geldspritze haben derzeit 124.000 Kinder. Künftig sollen es 530.000 sein, verkündete das Familienministerium am Freitag – und löste eine Debatte aus. Trauernicht etwa schlägt vor, das Geld länger als die bislang üblichen drei Jahre zu zahlen.

Noch sind die Kriterien, wer den Zuschlag erhält, eng gefasst. Eltern, die genug für den eigenen Unterhalt verdienen, nicht aber für den ihrer Kinder, erhalten höchstens 36 Monate lang maximal 140 Euro pro Monat und Kind. Die Kinder müssen jünger als 25 und ledig sein. Nach Angaben der Familienkasse hat ein Elternpaar mit zwei Kindern Anspruch auf den Zuschlag, wenn es netto pro Monat zwischen 1.050 Euro und 1.331 Euro verdient. Gerade die Obergrenze ist umstritten. Experten bezweifeln, dass ein Paar, das zum Beispiel 1.400 Euro verdient, seine Kinder gesund ernähren und an Sport- und Bildungsangeboten teilhaben lassen kann.

Wenn die Eltern zweier Kinder weniger verdienen als 1.050 Euro, können sie aufstockendes Arbeitslosengeld II beantragen. Damit fielen sie aber aus dem Kreis der Empfänger des Kinderzuschlags. Wer Hartz IV erhält, bekommt für den Nachwuchs Sozialgeld. Nach einer Studie des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung waren im März 2007 mehr als 1,9 Millionen Kinder bis 14 Jahre von Sozialgeld abhängig.

Nach dem Willen von Vizekanzler Franz Münfering (SPD) soll die Koalition sich schon diese Woche bei der Kabinettsklausur in Meseburg auf eine Neuregelung festlegen. Müntefering und Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) sind aber noch uneins, wie genau der Kinderzuschlag künftig ausgestaltet sein soll. Von der Leyen will ihn als familienpolitische Leistung fortführen. Müntefering aber möchte ihn dem Arbeitsministerium zuordnen und in sein Konzept eines „Erwerbstätigen-Geldes“ einbauen, das Kleinstverdiener und Erwerbslose vor Armut schützen soll.

Der Kinderzuschlag wird auch Thema sein auf der Sitzung des CDU-Bundesvorstands am heutigen Montag. In einem Beschlussentwurf, der der taz vorliegt, spricht sich die Parteiführung für eine „Weiterentwicklung des Kinderzuschlags“ aus. Der Kreis der Berechtigten soll erweitert, das Antragsverfahren vereinfacht werden. So will die CDU Familien vor „wirtschaftlich schwierigen Lebenslagen“ bewahren und Eltern animieren, „das Familieneinkommen selbst zu erzielen“. Dahinter steht der Gedanke, dass Eltern zu wenig motiviert sein könnten, arbeiten zu gehen, wenn sie trotzdem nur wenig mehr erhalten als Hartz-IV-Empfänger.

Die CDU schlägt zudem weitere Finanzhilfen für Familien vor. So erneuert sie ihre Idee, das Ehegattensplitting um ein Familiensplitting zu erweitern. Nach diesem Prinzip wären dann Ehepaare mit Kindern steuerlich besser gestellt als kinderlose Verheiratete. Auch spricht sich die Union für den Plan aus, das letzte Kindergartenjahr mittelfristig zur Pflicht zu machen. Es soll dann kostenlos gewährt werden.

Das CDU-Papier beschränkt sich jedoch auf das Nennen ehrgeiziger Ziele. Wie sie finanziert werden könnten, wird nicht präzisiert. So ist noch nicht absehbar, wann den vielen Vorschlägen gegen Kinderarmut auch Taten folgen. COSIMA SCHMITT