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Archiv-Artikel

In Sachsen-Anhalt kuschelten Linke erstmals mit der AfD

PARTEIEN In Muldestausee waren Linke und AfD in einer Gemeindefraktion. Das ist jetzt gestoppt

HAMBURG taz | Die Koalition in Sachsen-Anhalt dürfte bundesweit einmalig gewesen sein. Im Gemeinderat von Muldestausee waren AfD und Linke in der Fraktion „Pro Muldestausee“ vereint. Kurz vor Neujahr hat sich die Linke von ihren zwei Kommunalvertretern wegen dieses Bündnisses getrennt. „Nach mehreren Gesprächen mit ihnen musste ich feststellen, das nur bei mir ein Leidensdruck bestand“, sagt Birke Bull, Landesvorsitzender der Linken, der taz.

Seit Wochen waberte der Konflikt in dem Landesverband. Am vergangenen Montag twitterte die thüringische Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König, „es hackt ja wohl total“, und beschleunigte die Auseinandersetzung. Diese Koalition sei „nicht akzeptabel“, erklärte Bull am 29. Dezember und forderte die parteilosen Kommunalvertreter Thomas Ehrlich und Uta Arendt, die auf der Liste der Linken in den Gemeinderat eingezogen waren, auf, die „Zusammenarbeit mit der AfD umgehend zu beenden“. Mit einer Partei, in der Fremdenfeindlichkeit und Nationalchauvinismus den programmatischen Ton bestimmten, sei eine Zusammenarbeit „in jeder Form und auf jeder Ebene ausgeschlossen“. Eine Einstellung, die Ehrlich und Arendt nicht teilten. Sie sitzen nun zwar noch im Gemeinderat, aber nicht mehr als Vertreter der Linken.

In dem Gemeinderat von Muldestausee im Landkreis Anhalt-Bitterfeld stehen sich zwei große Fraktionen gegenüber: „Die Mitte“ mit 16 Abgeordneten, die von der CDU, SPD, FDP und Bürgerinitiativen kommen, und „Pro Muldestausee“ mit 11 Vertretern, in der neben den jetzt Ex-Linken und zwei AfD-Mitgliedern auch Anhänger von Wählergruppen vereint sind. Alleine mit einer starken Koalition wäre politisches Handeln möglich, meint Ehrlich, der die Fraktion „Pro Muldestausee“ anführt. Die Abgeordneten der AfD hätten sich „von der rechten Ecke“ distanziert. „Wir machen eine Politik, die nicht von der Parteilinie bestimmt, sondern vor Ort entschieden wird“, sagte Ehrlich der Tageszeitung Die Welt. Diesen Satz hatte David Begrich fast erwartet. Der Rechtsextremismusexperte von „Miteinander e. V.“ beobachtet seit Jahren eine Entpolitisierung der Kommunalpolitik, auch weil auf kommunaler Ebene der Handlungsspielraum mehr und mehr sinken würde. ANDREAS SPEIT