… der Zaubersalbei? : Grüne betören
Wenn heute die Hanfparade ganz entspannt durch Mitte und Kreuzberg rollt, ist auch ein Wagen der Berliner Grünen dabei. Auf dem „im Urwald-Stil geschmückten“ Gefährt machen sich Alt- und Jungalternative für die Wiederaufnahme des „Drogen-Checkings“ in Berlin stark, um Kiffer vor dem Genuss von mit Schuhcreme gestrecktem Cannabisharz zu bewahren. Das eigentliche Motto des Wagens aber lautet: „Salvia verbieten? Natur verbieten? Alles verbieten?“ Das muss man wohl erklären.
Salvia – also Salbei – das sind für die meisten von uns jene länglichen Bättchen, die einer Saltimbocca alla romana ihren aromatischen Geschmack verleihen. Jenen aber, die in ihrer Freizeit gerne mal bewusstseinserweiternd unterwegs sind, klingt „Salbei“ ganz anders in den Ohren: Der aus Mexiko stammende Wahrsager- oder Zaubersalbei (Salvia Divinorum) ist mit dem leckeren Küchenkraut zwar verwandt, weist aber im Gegensatz zu diesem eine starke halluzinogene Wirkung auf.
Die Wirkung des Grünzeugs nutzen die mazatekischen Schamanen in Oaxaca angeblich seit Generationen, sowohl zur Behandlung körperlicher Leiden, aber auch, um heilsame Wahrnehmungsveränderungen hervorzurufen. Das interessierte schon LSD-Entdecker Albert Hofmann, und inzwischen probieren immer mehr ein Pfeifchen Zaubersalbei respektive ein Schlückchen Extrakt. Der kurze Rausch ist relativ harmlos, berichten welche, die es wissen müssen. Und siehe da: Auf eine parlamenterische Anfrage der Grünen musste die Bundesregierung erwidern, dass das Kraut weder Abhängigkeit hervorruft, noch irgendein Schadensfall im Zusammenhang damit in Deutschland bekannt ist.
Trotzdem will die Bundesregierung Salvia Divinorum ins Betäubungsmittelgesetz aufnehmen und somit illegalisieren. „Verbieten ist der falsche Weg“, sagt dazu Julia Seeliger vom Berliner Grünenvorstand. „Der Reiz des Verbotenen verführt manche überhaupt erst dazu, eine Substanz auszuprobieren.“
Dass wir mit diesem Bericht derartiger Neugier ebenfalls Vorschub geleistet haben, mögen die Geister der Mazateken verhindern. Und Hans-Christian Ströbele, der auf der Parade eine Ansprache halten wird, sei an dieser Stelle bereits versichert: Es heißt der Salbei. CLP FOTO: ARCHIV