: Allmende Kontor
Urbane Landwirtschaft als sozialer Treffpunkt – auf dem Tempelhofer Flugfeld entsteht ein buntes Mosaik aus Miniaturgärten
Urbane Landwirtschaft – die Idee, auf kleinen Flächen in der Stadt Nahrungsmittel anzubauen gewinnt an Fahrt. Wer sich inspirieren lassen möchte, dem sei ein Besuch des Allmende Kontors auf dem Tempelhofer Flugfeld oder einem der rund 30 Gemeinschaftsgärten in Berlin empfohlen.
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Betritt man das Tempelhofer Flugfeld über den östlichen Haupteingang an der Oderstraße, fallen die gelblichen Holzkonstruktionen sofort ins Auge. Am Ende der Start- und Landebahn des ehemaligen Stadtflughafens Tempelhof haben etwa 400 GärtnerInnen aus Sperrholz und Baupaletten ihre Hochbeete errichtet, auf denen nun Kartoffeln, Tomaten, Kohlrabi und Mangold sprießen.
5.000 Quadratmeter misst das Garten-Areal, das unter dem Namen „Allmende Kontor“ von einer Initiative betrieben wird, die ein Zusammenschluss aus Privatpersonen und umweltpolitischen Gruppen ist. „Der Garten ist zu einem stadtweiten Treffpunkt für Gärtnerinnen und Gärtner geworden“, berichtet Christophe Kotanyi, Mitglied bei der AG Kleinstlandwirtschaft, die eine der aktiven Gruppen auf dem Gelände ist. Aus Neukölln, Kreuzberg oder Schöneberg kämen täglich GärtnerInnen zum Flugfeld, um sich um ihr eigenes Gemüse und das der anderen zu kümmern.
Die Fläche für den Garten wurde der Initiative vom Berliner Senat bereitgestellt. Mit einer „Pionierverfahren“ genannten Zwischennutzung erlaubt dieser zivilgesellschaftlichen Initiativen und Unternehmen, ausgewiesene Bereiche des Flugefeldes zu gestalten. Nach Kriterien wie Nachhaltigkeit, Bildung und Integration wählte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2010 aus 138 Bewerbern sechzehn Projekte aus. Je nachdem für welches Gebiet des Flugfeldes die Gewinner zugelassen wurden, haben sie nun drei bis sechs Jahre Zeit, ihre Ideen in die Tat umzusetzen. Die Projektphase auf der Fläche nahe der Oderstraße, auf der sich das Allmende Kontor befindet, läuft bis 2016.
Bevor diese Frist abläuft, haben Kotanyi und seine MitstreiterInnen Großes vor: So soll das Allmende Kontor nicht nur ein allgemein zugänglicher Garten sein, sondern auch ein Ort, der als Anlauf- und Vernetzungsstelle für GärtnerInnen, Gemeinschaftsgartenprojekte und neue Initiativen aus Berlin dient. „So etwas fehlte der Stadt noch“, erklärt Kotanyi. Schließlich gebe es mittlerweile mehr als 30 Gemeinschaftsgärten in der Stadt, die einen erheblichen Beitrag zum sozialen Klima und zur Integration leisteten.
Die folgenden Aufgaben will die Gruppe mit ihrem Kontor übernehmen: Mit einem Beratungsangebot will sie zunächst die Gründung von Gemeinschaftsgärten vereinfachen und Tipps für den Umgang mit der Verwaltung geben. In einer späteren Phase möchte sie sich um die Bereitstellung von Zäunen kümmern sowie die Registrierung und die Beschilderung neuer Gemeinschaftsgärten übernehmen.
Das New Yorker Projekt „Green Thumb“ ist das große Vorbild für die Arbeit des Allmende Kontors. Auf Anregung einer Aktionsgruppe gestartet, wurde Green Thumb 1978 in die Stadtverwaltung New Yorks eingegliedert und betreut in dieser Funktion seitdem Gemeinschaftsgärten, die über die Jahre in der Stadt aus dem Boden geschossen sind. Sie vermitteln zwischen Behörden und Gärten, registrieren die Gärtner und stellen Materialien bereit. 800 Gärten betreut Green Thumb insgesamt. „Green Thumb leistet eine unersetzliche Arbeit“, erklärt Kotanyi. Diese Meinung gewann Kotanyi, als vor ein paar Jahren gemeinsam mit seiner Kollegin Elisabeth Meyer-Renschhausen von der AG Kleinstlandwirtschaft nach New York reiste. Meyer-Renschhausen hielt ihre Eindrücke in ihrem Buch „Unter dem Müll der Acker – Community Gardens in New York City“ fest.
Neben der Arbeitsgruppe Kleinstlandwirtschaft und Gärten in Stadt und Land sind noch die Arbeitsgemeinschaft Interkulturelle Gärten in Berlin und Brandenburg, das Netzwerk urbanacker.net und der Verein workstation Ideenwerkstatt Berlin e. V. an dem Projekt beteiligt.
Das Allmende Kontor kann auf verschiedenste Weise unterstützt werden. So freut sich die Initiative über Geldspenden für die Bezahlung der Nutzungsgebühr des Geländes. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, zu Diskussionsrunden zu kommen oder bei der Pflege der Beete zu helfen. Auch werden dringend Ideen benötigt, auf welche Weise die Pflanzen durch den Winter gebracht werden können. Ein eigenes Beet einzurichten wird erst wieder ab kommendem Frühjahr möglich sein, da der Garten zur Zeit voll belegt ist. „Trotzdem freuen wir uns über jeden, der mit anpacken will“, erklärt Kotanyi. Einfach mal vorbeischauen und spazieren gehen ist natürlich auch jederzeit möglich. LUKAS DUBRO