: Polizei nimmt Anzeige nicht ernst
DRESDEN Nach einer Pegida-Demo im Dezember kommt es zu einem Überfall auf migrantische Jugendliche. Ein Opfer erstattet Anzeige, eine Beamtin lehnt diese ab. Jetzt ist die Behörde unter Druck
DRESDEN taz | Die Polizei in Dresden scheint in Erklärungsnot zu sein. Erst sechs Tage nach einer Anzeige wegen eines Angriffs auf migrantische Jugendliche hat die Pressestelle eine „Medieninformation“ veröffentlicht. „Die Ermittlungen dauern an“, sagte ein Pressesprecher zur taz.
Der Überfall hat am 22. Dezember nach der Pegida-Demo stattgefunden haben. Etwa 50 Männer und Frauen sollen die migrantischen Jugendlichen angegriffen haben, darunter die 15-jährige Wadha (taz berichtete). Für sie hatte Danilo Starosta vom Kulturbüro Sachsen am 20. Dezember die Anzeige erstattet. Eigentlich wollten das Wadha und ihre Mutter tun. Aber eine Polizeibeamtin soll in der Dienststelle Schießgasse die Anzeige mit der Bemerkung, die Verletzungen hätte sich das Mädchen selbst zugefügt, abgelehnt haben.
„Sie glaubte ihr nicht“, sagt Starosta: „Die Nichtaufnahme einer Strafanzeige lässt die Polizei jetzt zurückhaltend werden.“ Jetzt läuft ein Ermittlungsverfahren gegen die Beamtin. Über die Hintergründe der Ablehnung schweigt die Pressestelle.
Der Angriff hat im Einkaufszentrum Centrum Galerie stattgefunden. Wadha und etwa 30 weitere Jugendlichen zwischen 15 und 20 Jahren waren dort zu Weihnachtseinkäufen und zum Abhängen verabredet. Etwa 50 Männer im Alter zwischen 24 und 40 Jahren pöbelten die Jugendlichen zunächst an. „Ihr wollt doch keine Kinder schlagen“, soll einer der Jugendlichen gesagt haben, berichtet Starosta. Die Männer, die teilweise das Emblem des Fußballvereins Dynamo Dresden trugen, gingen zunächst, sollen aber bewaffnet zurückgekommen sein und die Jugendlichen angegriffen haben. Die Jugendlichen sagen, Polizei sei vor Ort gewesen, hätte aber nicht eingegriffen.
Nahe dem Einkaufszentrum wurde später ein Mann, der bei der Pegida war, mit einem Messer verletzt. Zu diesem Fall laufen seit 22. Dezember Ermittlungen. Beide Vorfälle stehen laut Polizeipressestelle für die Ermittler jetzt in einem Zusammenhang. Doch den betroffenen Jugendlichen scheint die Polizei nicht allzu stark zu glauben. „Jede Sichtweise muss überprüft werden, die Beschreibungen sind jedoch unterschiedlich und widersprüchlich“, sagt der Sprecher.
Die betroffenen Jugendlichen und ihre Eltern bemühen sich um Normalität. Der Schock des Angriffs wirke aber traumatisch, sagt Starosta. Das Kulturbüro will die Jugendlichen bei allen weiteren Schritten begleiten.
ANDREAS SPEIT