: Sicher – außer wenn alles zusammenbricht
FINANZKRISE Ob die Hamburger Sparkasse ihre Kunden für Lehman-Zertifikate entschädigen muss, entscheidet sich in zwei Wochen. Interne Dokumente belegen Verkaufsdruck auf die Berater
Haben die Berater der Hamburger Sparkasse (Haspa) ihren Kunden Zinspapiere der Pleitebank Lehman Brothers aufgeschwatzt – und muss die Haspa ihre Kunden für diese verlustreiche Geldanlage entschädigen? Diese Fragen wird der Bundesgerichtshof in Karlsruhe am 27. September in einem Grundsatzurteil entscheiden. Haspa-interne Dokumente legen nahe, dass die Bankangestellten dazu angehalten wurden, die Papiere an den Mann zu bringen und dass den Beratern selbst die damit verbundenen Risiken nicht klar waren. Entsprechende Papiere zitierten am Donnerstag der Norddeutsche Rundfunk und die Süddeutsche Zeitung.
Der Ursprung des Streits liegt in der Zeit der Aktienhausse vor der Finanzkrise, die von der Pleite der US-Bank Lehman Brothers ausgelöst wurde. Die beiden Kläger investierten auf den Rat ihres Haspa-Beraters jeweils 10.000 Euro in Lehman-Zertifikate. Die Papiere versprachen eine gute Rendite, hatten aber einen Nachteil: Sie waren nicht vom Einlagensicherungsfonds der deutschen Banken gedeckt. Als Lehman pleiteging, waren die Zertifikate praktisch wertlos. Die Kläger argumentieren, sie seien von der Haspa falsch beraten worden. Weder habe die Bank sie darüber aufgeklärt, dass die Lehman-Papiere wertlos werden könnten, noch dass sie selbst mit dem Verkauf der Papiere eigene Interessen verfolgte. Die Haspa hatte die Papiere bereits gekauft und wollte sie mit Gewinn weiterverkaufen. Bei einer Rückgabe an Lehman hätte sie einen Abschlag hinnehmen müssen.
Das Hamburger Landgericht folgte im Sommer 2009 der Argumentation der Kläger, das Oberlandesgericht dagegen gab im Berufungsverfahren dem Geldinstitut Recht: Die Beraterin habe darauf hingewiesen, „dass die grundsätzliche Kapitalgarantie ausfalle, wenn ‚alles‘ zusammenbreche“, heißt es in der Urteilsbegründung. Über ihre Gewinnmarge habe die Bank ihre Kunden nicht aufklären müssen. Bestünde eine solche Aufklärungsplicht, wäre die Bank grundsätzlich gezwungen, ihre Kalkulation offenzulegen. Das verletze das Interesse der Bank an Wettbewerbsschutz.
Ein vom NDR veröffentlichtes Haspa-Dokument zeigt, dass zumindest eines der Zertifikate mit „100 Prozent Kapitalgarantie“ beworben wurde. Außerdem seien die Haspa-Berater nach der Lehman-Pleite intern darauf hingewiesen worden, dass die Zertifikate „nicht durch den Einlagensicherungsfonds abgesichert“ seien. Das scheint also bis dahin nicht allen klar gewesen zu sein.
Die Haspa wollte sich zu dem laufenden Verfahren nicht äußern. GERNOT KNÖDLER