: Arseni Jazenjuk in Berlin: Scharfe Töne gegen Russland
UKRAINE Der ukrainische Ministerpräsident wirbt bei Kanzlerin Angela Merkel um Unterstützung
BERLIN taz | Ob es in der kommenden Woche ein Gipfeltreffen zur Lösung der Ukraine-Krise geben wird, ist weiter offen. Es werde sich erst „in den nächsten Tagen“ zeigen, ob ein Zusammentreffen der Staatschefs Russlands, Frankreichs, Deutschlands und der Ukraine in der kasachischen Hauptstadt Astana klappt, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach ihrem Gespräch mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk am Donnerstag in Berlin.
Ohnehin werde aber auch ein solches Treffen „nicht dazu führen können, dass alle Punkte am nächsten Tag erfüllt sind“, dämpfte Merkel die Erwartungen. „Was man machen kann, ist, zu versuchen, sichtbare Fortschritte zu haben und gleichzeitig für andere Punkte eine verlässliche Roadmap zu haben.“ Grundlage müsse die vollständige Umsetzung des Minsker Abkommens vom September sein.
Im Gleichklang sprachen sich Merkel und Jazenjuk gegen eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland aus. „Diese Sanktionen können nur aufgehoben werden, wenn die Ursachen beseitigt sind“, sagte Merkel. Erforderlich seien neben der Umsetzung des Minsker Abkommens auch Fortschritte in der Krim-Frage. „Da habe ich im Augenblick wenig Hoffnung“, sagte die Kanzlerin.
Die Ukraine befinde sich dank der russischen Aggression in einem „nicht erklärten Kriegszustand“, sagte Jazenjuk. „Russland muss handeln und seine eigenen Banditen aus der Ukraine holen“, forderte Jazenjuk in wenig diplomatischem Ton. Während Putin „keinen Funken“ des Minsker Abkommens bisher erfüllt habe, habe die Ukraine ihren Teil „wirklich eingehalten“, versicherte er. Bei Beobachtern bestehen daran allerdings Zweifel. Das Abkommen von Minsk beinhaltet neben einem Waffenstillstand in der Ostukraine den Abzug von Truppen sowie die Einrichtung einer Demarkationslinie.
Vor seinem Treffen mit Merkel hatte Jazenjuk am Vormittag der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik seine Aufwartung gemacht. Dort bekräftigte er die Absicht seiner Regierung, die Ukraine in die Nato zu führen. Mit der Aufhebung des Blockfreienstatus Ende Dezember sei der erste Schritt bereits erfolgt. Jetzt gehe es unter anderem um die notwendigen militärischen Reformen. In einer dritten Stufe werde es ein Referendum über die Nato-Mitgliedschaft geben, kündigte Jazenjuk an. Dann werde sein Land den Aufnahmeantrag stellen. „Wir können nur Erfolg haben, wenn wir gemeinsam handeln – wenn jeder in der EU, in den USA und in der Ukraine zusammen und geeint bleibt“, sagte er.
Bei seinem zweitägigen Besuch in Deutschland warb Jazenjuk nicht nur um politische, sondern vor allem um ökonomische Unterstützung – mit Erfolg: Die Bundesregierung sagte Kreditgarantien in Höhe von einer halben Milliarde Euro zu. Darüber hinaus kündigte am Donnerstag EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker an, dass die Europäische Union der am Rande des Staatsbankrotts taumelnden Ukraine weitere 1,8 Milliarden Euro Finanzhilfen zur Verfügung stellen wird. PASCAL BEUCKER