Kardinal ohne Durchblick

Erzbischof Meisner ist das neue Domfenster in Köln zu „beliebig“ und abstrakt. Der Mann hat keine Ahnung

Wenn irgendwo in Deutschland ein altes Kirchenfenster zu Bruch geht, so wird in der Regel ein neues eingesetzt, das nicht mit dem alten Glanz konkurrieren, sondern eigene Akzente setzen soll. Wer es gut meint mit seiner Kirche und seiner Gemeinde, der beauftragt damit Johannes Schreiter, Professor für Bildende Künste und Großmeister des modernen Glasfensters.

Weil aber der Kölner Dom eine ganz besondere Kirche ist, musste es auch ein ganz besonderer Künstler sein, der ein als „zu hell“ empfundenes Nachkriegsprovisorium ersetzen sollte. Und so gab sich der Maler Gerhard Richter denn auch jahrelang alle Mühe, die vom Klerus als Motiv gewünschten „Märtyrer des 20. Jahrhunderts“ zeitgemäß in Glas zu fassen – und scheiterte vor allem daran, dass diese „Märtyrer“ meistens schwarz gekleidet waren, was das Fenster dann doch allzu dunkel hätte werden lassen. Am Ende winkten Metropolitankapitel und Dompropst Norbert Feldhoff (als Hausherr der Kathedrale) Richters alternativen Entwurf durch – gegen den erklärten Willen von Kardinal Joachim Meisner, der mit den in 72 Farben leuchtenden 11.263 mundgeblasenen Glasquadraten so gar nichts anfangen konnte.

Der Erzbischof hätte sich „etwas anderes, nicht so eine Beliebigkeit“ gewünscht, und blieb der Enthüllung des neuen Südquerhausfensters am vergangenen Samstag demonstrativ fern. Kölner Zeitungen zitierten Meisner gestern mit den Worten: „Das Fenster passt nicht in den Dom. Es passt eher in eine Moschee oder in ein Gebetshaus.“

Vorzuwerfen ist Meisner nicht etwa sein sachter Seitenhieb auf den Islam, der bildliche Darstellungen in Gotteshäusern verbietet – sondern die Tatsache, dass ausgerechnet der Erzbischof offenbar keinen blassen Schimmer davon hat, was eine Kathedrale eigentlich ist und wie sie im 12. und 13. Jahrhundert einmal gedacht war, nämlich als Architektur, die über sich selbst hinausweist und das Himmelreich selbst, genauer: das himmlische Jersualem in seinem überirdischen Glanze darstellt.

Figürliche Darstellungen im Sinne Meisners waren bei den „illuminierten Wänden“ der Kathedralen nie vorgesehen. Aber das waren ja, ursprünglich, Erzbischöfe auch nicht. ARNO FRANK