: Trauung ohne Zeugen
Ausgerechnet im vermeintlich so liberalen Bremen werden homosexuelle Paare, die eine Lebenspartnerschaft eingehen wollen, im Standesamt benachteiligt. Anders als in den angrenzenden Bundesländern stehen ihnen keine Trauzeugen zu
Seit dem 1. August 2001 gilt die eingetragene Lebenspartnerschaft, daraufhin mussten die Bundesländer ihr Landesrecht an die Bundesgesetzgebung anpassen. Dies hat dem Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) zufolge eine Reihe von Verbesserungen für schwule und lesbische Paare gebracht: Beispielsweise Regelungen für den Fall der Trennung, zum Güterstand und zum Sorgerecht für Kinder in der Partnerschaft sowie zum Angehörigenstatus und damit auch umfassende Zeugnisverweigerungs- und Auskunftsrechte. Außerdem dürfen nach einem Todesfall die überlebenden Lebenspartner in der Mietwohnung wohnen bleiben, Lebenspartner können in die Kranken- und Pflegeversicherung aufgenommen werden. Nicht möglich ist es nach wie vor als Homo-Paar gemeinsam Kinder zu adoptieren. Kritik übte der LSVD zuletzt an den Plänen der großen Koalition auf Bundesebene zum Erbschaftssteuergesetz. Bisher können heterosexuelle Witwen und Witwer bis zu 307.000 Euro unversteuert erben. Homosexuellen Hinterbliebenen können dagegen nur 5.200 Euro als Freibetrag geltend machen. CDU und CSU dringen darauf, die Situation für Lebenspartner noch weiter zu verschlechtern. EIB
VON EIKEN BRUHN
Es sollte eine schöne Trauung werden, schließlich gaben sich Astrid und Heike Ricklefs nicht aus steuerlichen Gründen das Ja-Wort, sondern aus Liebe. „Als Krönung der Beziehung“, sagt die 39-jährige kaufmännische Angestellte Astrid Ricklefs, „finanzielle Vorteile haben wir ja ohnehin nicht“. Für die beiden Frauen war klar, dass sie auch ihre besten Freundinnen als Trauzeuginnen dabei haben wollten. „Das ist ein solch wichtiger Schritt, da möchte ich eine emotionale Stütze dabei haben“, sagt Heike Ricklefs, Lehrerin und fünf Jahre jünger als ihre Angetraute. Doch wenige Tage vor dem Termin im Standesamt Bremen-Mitte erfuhren sie, dass in Bremen bei der Schließung von Lebenspartnerschaften keine Trauzeugen zu gelassen sind. Ausgerechnet im vermeintlich so liberalen Bremen wird Homo-Paaren etwas verwehrt, was heiratswilligen Heteros im kleinsten Bundesland möglich ist – und Lesben und Schwulen in allen anderen norddeutschen Ländern.
Die beiden Frauen entschlossen sich deshalb kurzfristig, ihre Heirat ins niedersächsische Twistringen zu verlegen. Kein Problem, sagte man ihnen dort. Doch dann folgte die nächste unangenehme Überraschung: Während man sich in den anderen Nordländern vom zuständigen Standesamt eine so genannte Ermächtigung besorgen kann, um außerhalb des Bundeslandes zu heiraten, ist dies in Bremen ebenfalls nicht möglich. „Gesagt hat uns das niemand“, ärgert sich Astrid Ricklefs. In ihrem Betrieb habe sie selbstverständlich ein Hochzeitsgeld bekommen und einen zweitägigen Sonderurlaub – nur Trauzeugen seien nicht drin? Ihre Frau wundert sich darüber, dass dieser Unterschied gemacht wird. „Wozu?“, fragt sie und erinnert an die bestehenden Ungleichbehandlungen von Lebenspartnerschaften und Ehen (siehe Kasten). „Wenn wir schon so viele Pflichten, aber kaum Rechte haben, dann müsste wenigstens das Zeremoniell dasselbe sein“, findet sie. „An sich ist das eine Kleinigkeit, aber vor diesem Hintergrund ist das eine größere Sache.“
Aufgefallen ist diese Ausnahmeregelung bisher niemand, vielleicht, weil in jedem Jahr nur rund 30 gleichgeschlechtliche Paare in der Bremer Innenstadt heiraten und Trauzeugen als antiquierte Instanz gelten. Warum es überhaupt in Bremen anders zugeht als in den Umlandgemeinden, kann niemand so recht erklären. „Das kann keine Absicht gewesen sein“, sagt Wolfgang Grotheer von der Bremer SPD, der sich als ehemaliger rechtspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in den vergangenen Jahren mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz herumgeschlagen hat – beziehungsweise mit den Vorbehalten der Bremer CDU gegen dieses. Die hatte sich bis zuletzt dagegen gesträubt, homosexuellen Beamten die gleichen Rechte zukommen zu lassen wie ihren verheirateten heterosexuellen Kollegen und Kolleginnen. Als eine ihrer ersten Amtshandlungen hatte die neue rot-grüne Regierung Ende Juli diese Ungleichbehandlung beendet. Grotheer versprach, sich dafür einzusetzen, dass auch Trauzeugen möglich sein werden und Schwule und Lesben an dem Ort heiraten können, den sie sich ausgesucht haben.
So lange dies nämlich nicht ausdrücklich im Gesetz geklärt sei, gebe es keine Möglichkeit für die Standesbeamten Ausnahmen zuzulassen, sagt Matthias Lentz vom Standesamt Bremen Mitte. Inoffiziell könnten die Paare sich Trauzeugen an die Seite holen, nur dürften sie nicht die Heiratspapiere unterschreiben.
So haben es die Ricklefs dann auch gemacht, die dann doch in Bremen geheiratet haben. Der Standesbeamte fand seine eigene Formulierung, um die Trauzeuginnen mit einzubinden: „Dann stehen die Deerns links und rechts mal bitte mit auf.“
Sollten die Bremer sich ihr Lebenspartnerschaftsgesetz noch einmal genauer angucken: Unterschiede gibt es auch bei den Gebühren. In allen norddeutschen Bundesländern werden von Heteros und Homos dieselben Grundgebühren verlangt: 33 Euro. Nicht so in Bremen. Diesen Betrag zahlen nur heterosexuelle Paare. Alle anderen müssen für denselben Vorgang 75 Euro auf den Tisch legen.