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Archiv-Artikel

„Es passieren Fehler“

GESUNDHEIT Bremer Hausärzte starten ein Modellprojekt zur sicheren Medikamentenvergabe

Günther Egidi

■ 58, Allgemeinmediziner, Vorsitzender der Akademie für hausärztliche Fortbildung Bremen.

taz: Herr Egidi, Sie stellen heute ein Projekt zur Pharmakovigilanz vor. Was bitte ist das?

Günther Egidi: Das ist der systematische Versuch, den potenziellen Schaden von Medikamentenverordnungen zu minimieren. Das Projekt bezieht sich konkret auf die Wechselwirkungen von Medikamenten.

Und eine solche Wechselwirkung kann gefährlich werden?

Ja, genau. Da gibt es bekannte Beispiele: Wenn ich einem Patienten mit hohem Herzinfarktrisiko Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels gebe und gleichzeitig bestimmte Antibiotika verabreiche, kann das zu Nierenversagen führen. Oder die Pille und Johanniskraut: Die Wirkung der Pille wird abgeschwächt, wenn die Frau Johanniskraut einnimmt.

Hat nicht jeder Arzt solche Risiken ohnehin im Blick?

Es passieren uns Fehler wie jedem Menschen: Ich verordne Medikament X dauerhaft und dann akut Medikament Y. Daraus könnte eine gefährliche Wechselwirkung entstehen. Außerdem haben wir das Problem eines ungeordneten Systems in Deutschland: Man kann mit Schnupfen direkt zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt gehen, statt vorher den Hausarzt aufzusuchen. Der weiß dann nichts von einer möglichen Medikamentenverordnung des Facharztes davon. Hinzukommen frei käufliche Medikamente. Eine Warnung an den Arzt hängt vom jeweiligen Engagement des Apothekers ab. Die Erreichbarkeit des Arztes kommt erschwerend hinzu.

Und Ihr Modellprojekt soll das ändern?

Mit dem Projekt wollen wir flächendeckend die Kooperation mit den Apothekern verbessern. Wir versuchen so, das Risiko von Wechselwirkungen zu minimieren, indem wir von ihnen eine Warnung erhalten, falls ein Problem auftreten könnte.

Wie soll das ablaufen?

Falls ein Problem auftritt, gibt es nun ein Formular, das der Apotheker direkt an den Arzt schickt. Wir haben uns für den Faxweg entschieden, weil man darauf schnell reagieren kann. Alle Apotheken haben dieselbe Datenbank. Es kommen keine zusätzlichen Kosten, Software oder Aufwand hinzu. Die Entscheidung bleibt beim Arzt, ob er das Medikament trotzdem verabreicht. Mit einem so einfachen Mittel ist eine relevante Verbesserung der Verordnungssicherheit bei Medikamenten zu erwarten. In Stade wurde es schon getestet, es kam gar nicht so häufig vor. Vom Aufwand her sind das ja Peanuts. Aber bisher wird es nicht gemacht.  INTERVIEW: MERLIN PRATSCH

18 Uhr, Fortbildungszentrum der Ärztekammer, St. Jürgenstr. 1