AMERICAN PIE : Pikante Wachablösung
FOOTBALL Weil sich die Denver Broncos mit dem sichtlich gealterten Peyton Manning nicht fürs Halb- finale qualifizieren können, wird Erfolgstrainer John Fox entlassen
John Fox ist 59 Jahre alt. Seit Montag ist John Fox arbeitslos. Peyton Manning ist 38 Jahre alt. Es könnte sein, dass Peyton Manning bald in den Ruhestand geht. Andrew Luck ist 25 Jahre alt. Er ist schuld, dass John Fox seit Montag arbeitslos ist und Peyton Manning womöglich bald in Rente geschickt wird.
Andererseits: So richtig schuld ist Andrew Luck dann doch nicht. Andrew Luck ist eigentlich ein freundlicher junger Mann, der neuerdings einen wuchernden Salafisten-Bart trägt und einen Großteil seiner Kindheit und Jugend in London und Frankfurt zugebracht hat, weil sein Vater Oliver als Chef der NFL Europe und von Frankfurt Galaxy arbeitete. Seitdem ist Luck ein großer Fan von Tottenham und Arsenal, aber trotzdem ziemlich gut im American Football. In seiner Eigenschaft als Quarterback der Indianapolis Colts reiste er am Sonntag nach Denver. Luck spielte gut, sein Gegenüber Peyton Manning, Quarterback der Denver Broncos, spielte katastrophal, und keine 24 Stunden später war John Fox nicht mehr Cheftrainer der Broncos.
24:13 war das Endergebnis. Es hätte auch deutlicher ausgehen können. Indianapolis steht nun im Halbfinale der NFL-Playoffs. Am kommenden Sonntag müssen Luck und seine Mitspieler bei den New England Patriots antreten, der Sieger erreicht die Super Bowl, das große Endspiel am 1. Februar in Phoenix.
Denver dagegen ist ausgeschieden. Trotzdem war die Entlassung von Fox, die offiziell eine gütliche Trennung ist, eine Überraschung. Schließlich war der Vertrag, der nun angeblich in gegenseitigem Einvernehmen aufgelöst wurde, erst im vergangenen April um drei Jahre verlängert worden. Außerdem war es auch nicht so, dass Fox von Erfolgslosigkeit geplagt gewesen wäre: In jedem seiner vier Jahr als sportlich Verantwortlicher erreichten die Broncos locker die Playoffs, in der vergangenen Saison sogar die Super Bowl.
Damals hatte es allerdings schon eine krachende 8:43-Niederlage gegen die Seattle Seahawks gesetzt. Und schon damals hatte Peyton Manning nicht eben den allerbesten Eindruck hinterlassen. Tatsächlich wirkte die Legende sogar ausgesprochen hilflos. Eine Tendenz, die sich in dieser Saison fortsetzte. Manning, den viele für den besten Spielmacher halten, der jemals Football gespielt hat, muss offenbar nun doch seinem Alter Tribut zollen. Er mag immer noch ein akribischer Arbeiter sein, sich vorbereiten wie kein anderer, manisch Videofilme des Gegners analysieren und ein überragendes taktisches Verständnis besitzen. Aber Manning hat nicht mehr die körperlichen Voraussetzungen, um dieses Wissen umzusetzen. Das wurde am Sonntag schmerzhaft sichtbar: Der Schnellste war Manning noch nie, aber gegen die Colts lahmte er doch sehr, vielleicht auch wegen einer Oberschenkelverletzung, von der nun einige Medien erfahren haben wollen. Offensichtlich hat nun aber auch seine Wurfkraft nachgelassen. Mannings Pässe flatterten wie verletzte Enten und fanden viel zu selten die Mitspieler. Ob er noch eine weitere Saison dran hängen wird, ließ er offen. Manning wirkte ratlos.
Ganz anders bei Andrew Luck. Der war stets auf der Höhe des Geschehens, seine Würfe Striche, die punktgenau ihr Ziel fanden. Selbst die beiden Pässe, die abgefangen wurden und seine statistischen Werte etwas verhunzten, waren einkalkuliert und richteten kaum Schaden an. Der König ist tot, schrieben die Kommentatoren, es lebe der König!
Die Wachablösung ist umso pikanter, weil Manning Vorgänger von Luck bei den Colts war. Als Manning 1998 zu den Colts kam, brachte er den Erfolg zum im Mittelmaß versunkenen Klub zurück und gewann 2007 die Super Bowl. Als sich Jim Irsay, der Besitzer Colts, sich vor drei Jahren trotzdem entschied, den damals verletzten Manning, das Aushängeschild des Klubs, in die Wüste zu schicken und lieber auf den Nachwuchsmann Luck zu setzen, empfand das nicht nur der Geschasste als Respektlosigkeit. Irsay musste sich viel Kritik anhören, er bekam Drohbriefe. Nach dem Sieg vom Sonntag konnte er sich endgültig bestätigt sehen: „Es war die richtige Entscheidung.“ THOMAS WINKLER