Der Tier-Verbrenner

TRAUERARBEIT Felix Grund hatte immer ein Herz für Tiere. Es ist ihm wichtig, dass sie ein schönes Leben führen – und er kümmert sich um sie, wenn es mit ihnen zu Ende geht

Die EU hat eine Verordnung für den hygienischen Umgang mit „tierischen Nebenprodukten“ erlassen – dazu zählen auch tote Haustiere.

■ Ob diese im eigenen Garten vergraben werden dürfen, entscheidet das jeweilige Veterinäramt.

■ Mit dem Restmüll dürfen Tiere bis zur Größe eines Meerschweinchens entsorgt werden.

■ Tierbestatter verbrennen das Haustier in einem der derzeit 16 Tierkrematorien oder bestatten es auf einem Tierfriedhof.

■ Der Preis für die Einäscherung richtet sich nach dem Gewicht. Für eine Katze liegt er bei etwa 250 Euro inklusive Urne und Überführung der Asche. KATHRIN OTTO

VON KATHRIN OTTO

Wie viele andere macht Felix Grund an diesem Abend einen Spaziergang um die Alster, links und rechts von ihm läuft jeweils ein Mops. Links Oma Erika, rechts Lehmann, der ungeduldig an der Leine zerrt. Eines jedoch unterscheidet Felix Grund von wohl den meisten Hundebesitzern: Erst vor ein paar Tagen hat er wieder einen Tierkörper verbrennen müssen. Der 24-Jährige ist von Beruf Tierbestatter.

Noch vor zwei Jahren arbeitete er in einer Verwaltung – ein Job, der ihn nicht ausfüllte. Zur selben Zeit starb der Hund einer Freundin, die davon überrumpelt wurde und in ihrer Trauer mit der Situation überfordert war. Und plötzlich steht für den Tierfreund Grund fest, womit er künftig sein Geld verdienen will: Er will Menschen helfen, die in solch eine Lage geraten.

Ohnehin hatte er gedacht, dass sein neuer Job sowohl mit Menschen als auch mit Tieren zu tun haben sollte. „Dass es tote Tiere werden, damit hab ich auch nicht gerechnet“, sagt er fast entschuldigend. „Aber in diesem Job steht der Umgang mit den Menschen eigentlich im Vordergrund.“

Felix Grund besuchte Seminare über Sterbebegleitung und Trauerarbeit – speziell beim Tod von Tieren. Eine Ausbildung musste er nicht machen, sein neuer Beruf ist nicht geschützt.

Vor anderthalb Jahren wurde Felix Grund erstmals als Tierbestatter tätig. Er, der in seiner Heimat nahe von Bad Segeberg mit Tieren aufgewachsen ist und sie über alles liebt, sieht die Verbrennung nach dem Tod als etwas rein Körperliches. Ruft ihn ein betroffener Tierhalter an, macht sich der junge Mann umgehend auf den Weg zum Kunden.

Zusammen besprechen sie, ob der Besitzer bei der Kremierung anwesend sein möchte oder ob Grund ihm die Urne nach Hause bringen soll. Denn anders als im Humanbereich herrscht bei Tieren kein Bestattungszwang. Die Asche kann auf einer Streuwiese verstreut oder begraben werden – die Urne darf aber auch auf dem Kamin oder in der Vitrine stehen. „Davon machen die meisten Menschen Gebrauch. So haben sie das Tier auch nach seinem Tod noch in ihrer Nähe“, sagt der Bestatter.

Mit den Kunden wählt Grund die passende Urne aus. Es gibt sie aus Keramik, Holz, Stein oder Metall, mit oder ohne Gravur, Malerei oder Foto des Tieres. Auch wenn Grund gern jedem Kunden seinen Wunsch erfüllen möchte, findet er diese Fülle doch ein wenig übertrieben.

Für ihn steht der würdevolle Abschied an erster Stelle. Er gibt dem Halter Zeit, sich in aller Ruhe vom Tier zu verabschieden, bevor er es verlädt und ins Tierkrematorium im schleswig-holsteinischen Hohenweststedt fährt. Wenn der Kunde es wünscht, kann er bei der Einäscherung eine kleine Trauerfeier zelebrieren.

Dass das eine Vermenschlichung der Tiere ist, hört Felix Grund öfter. „Wer kein Haustier besitzt, kann das vielleicht nicht nachvollziehen“, sagt er. „Ich selbst bin sehr mit meinen Tieren verwachsen und freue mich, wenn Menschen eine Tierbestattung wahrnehmen.“

Für viele Halter ist dies die einzig denkbare Methode, sich von ihrem Begleiter zu trennen. In vielen Landkreisen darf man sein Haustier im Garten vergraben, doch längst nicht jeder besitzt ein Grundstück. Tierärzte nehmen die Kadaver an und lassen sie durch eine Tierkörperbeseitigungsanstalt abholen. Dort werden die leblosen Körper als Abfall entsorgt – eine Vorstellung, mit der viele Besitzer nicht leben können.

Und weil auch ein Tierfriedhof, auf dem der Körper langsam verwest, für viele keine schöne Vorstellung ist, bleibt das Krematorium. Am häufigsten bringt Felix Grund Hunde und Katzen dorthin, aber auch Kaninchen, Meerschweinchen, Wellensittiche und sogar eine Ratte hat er schon eingeäschert. Der größte Lohn für ihn sei, wenn sich die Besitzer im Anschluss für den Beistand bedanken.

Wenn irgendwann seine eigenen Hunde sterben, will er auf jeden Fall bei der Einäscherung dabei sein – selbst durchführen möchte er sie aber nicht. Er wolle sich dann ganz auf die eigene Trauer konzentrieren, sagt Felix Grund. Doch bis dahin wird es hoffentlich noch lange dauern. Erst mal zieht Lehmann wieder ungeduldig an der Leine.