Rückfall in alte Rollen

Müller und Henkel wollen was tun

VON BERT SCHULZ

Die politische Lethargie scheint vorbei. Mitte der Woche haben sich die beiden Aushängeschilder der Koalition auf dem politischen Parkett zurückgemeldet – nach mehr als einem halben Jahr Pause. Und wer im Vorfeld geargwöhnt hatte, mit SPD-Regierungschef Michael Müller (Brille mit Rand) und CDU-Innensenator Frank Henkel (randlose Brille) stehen fortan zwei sich inhaltlich stark ähnelnde Personen im Mittelpunkt, wurde überrascht. Während Müller versuchen will, den Berlinern die Hand zu reichen und sich als Primus inter Pares anpreist, versucht sich Henkel – wie einst – als Mann mit Hang zu Law and Order in die politische Schlacht zu werfen, diesmal in Sachen Dope.

Diese Unterscheidung ist nett gemeint und könnte sogar für ein wenig politische Spannung sorgen in den verbleibenden gut eineinhalb Jahren bis zur Abgeordnetenhauswahl, wenn die beiden ganz offiziell gegeneinander antreten. Aber betrüblich ist diese Rollenverteilung leider auch: Wer sich nach dreizehneinhalb Jahren unter Klaus Wowereit auf neuen Schwung, auf Pepp, auf Überraschungen in der Landespolitik gefreut hatte, muss von den Auftritten von Henkel und Müller enttäuscht sein. Ersterer hat sich offensichtlich vom Projekt CDU-Erneuerung verabschiedet und bedient alte Klischees. Sogar den einst als Querdenker gelobten Justizsenator spannt er dafür ein. Und Müller kann nicht aus seiner Haut: „Wir wissen, die Herausforderungen der wachsenden Stadt sind groß. Aber Berlin hat in seiner Geschichte schon viel größere Aufgaben gemeistert. Es gilt, optimistisch nach vorne zu blicken.“ Noch jemand wach?

Die Lethargie scheint doch nicht vorbei zu sein. Und das ist gefährlich: Natürlich wünscht sich niemand Politiker, die nur versuchen, eine Rolle zu spielen. Und natürlich will niemand mehr das „Ruck“-Wort bemühen. Aber diese Stadt wandelt sich. Rapide. Die Senatoren Henkel und Müller haben diese Veränderungen bisher kaum steuern können. Und der aktuelle Rückfall in überholte Rollen spielt all jenen trotzigen Berlinern in die Hände, die auch bisher versucht haben, diese Änderungen zu blockieren.

Keine guten Aussichten für zwei Politiker, die künftig gestalten – und wiedergewählt werden wollen.