: E-Mail-Panne: BKA verrät Verdächtige
Mit einem Hilfegesuch an eine Autovermietung verbreitet das BKA die Fahndungsdaten von 18 Terrorverdächtigen
BERLIN taz ■ Tobias K.* staunte nicht schlecht. Ende August fand er in seinem E-Mail-Postfach ein Schreiben der Autovermietung CC Raule, dem eine Anfrage des Bundeskriminalamts (BKA) beigefügt war. In dieser Anfrage, die der taz vorliegt, bitten die Ermittler um Mithilfe bei der Fahndung gegen mutmaßliche Terroristen - unter anderem mit der Frage, „ob einer der nachfolgend aufgeführten Personen jemals als Anmieter eines Fahrzeugs der Autovermietung CCUniRent bzw. deren Systempartner in Berlin, Bremen und Hamburg in Erscheinung getreten ist“.
Bei den „nachfolgend aufgeführten Personen“ handelt es sich um 18 namentlich und mit Geburtsdatum genannte Beschuldigte, gegen die das BKA im Auftrag der Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Aufsehen erregten die Fahnder bereits, als sie kurz vor dem G-8-Gipfel in Heiligendamm zahlreiche Wohn- und Geschäftsräume in Berlin und Hamburg durchsuchten, darunter auch den Buchladen „Schwarze Risse“ in Berlin-Kreuzberg. Gegenstand der Ermittlungen ist – neben zahlreichen Brandanschlägen – auch ein Buch mit dem Titel „Autonome in Bewegung“. Nicht zuletzt wegen der dünnen Beweislage wurde den Ermittlern der Vorwurf gemacht, sie hätten die Stimmung in der Szene vor dem Gipfeltreffen in Heiligendamm angeheizt.
Weil für einige Brandanschläge, die den Beschuldigten zur Last gelegt werden, Mietfahrzeuge genutzt worden sein sollen, konzentrieren sich die Ermittlungen des BKA nun auf die Autovermietungsfirmen in Berlin und Hamburg. Wie die Marketingchefin der Nürnberger Firma CCUniRent, Daniela Weber, der taz bestätigte, sei das BKA deshalb an sie herangetreten. „Sie baten uns, Ihnen bei den Ermittlungen behilflich zu sein“, so Weber. Die Fahnder interessierte nicht nur, ob besagte 18 Personen jemals ein Auto mieteten, sondern auch, wer in den Tagen vor insgesamt 17 Anschlägen ein Auto gemietet hatte.
Die entsprechende Anfrage des BKA verschickte Weber als PDF-Datei zusammen mit einem eigenen Begleitschreiben per E-Mail an ihre „Systempartner“. Das sind zahlreiche kleine Autovermietungen, darunter auch CC Raule, die unter dem Dach der CCUniRent gemeinsam vermarktet werden.
Pech für die Ermittler: Obwohl sowohl das Bundeskriminalamt als auch Daniela Weber um Vertraulichkeit baten, „da sonst der Ermittlungserfolg gefährdet wäre“, landete das Schreiben samt BKA-Datei nicht nur bei den Autovermietungen, sondern auch bei Tobias K. Dieser hatte einige Monate zuvor mit CC Raule Geschäftskontakt gehabt und befindet sich seitdem, wie er sagt, in deren E-Mail-Verteiler.
Wie viele andere Personen auch noch die Post der Terrorfahnder bekommen haben, konnte Daniela Weber nicht sagen. „Was die einzelnen Fir- men mit der Mail gemacht haben, entzieht sich meiner Kenntnis.“
Offenbar hatte ihr Unternehmen bei der Rundfrage im Auftrag des BKA von Anfang an kein gutes Gefühl. Im Begleitschreiben an die Systempartner heißt es: „Leider arbeiten nicht alle Kollegen ‚sauber‘, und aus diesem Grund weisen wir noch einmal darauf hin, dass es sich hierbei um streng vertrauliche Daten handelt. Die betroffenen Personen sind für das Ermittlungsverfahren sehr wichtig und sollen nicht darüber in Kenntnis gesetzt werden.“
Das Bundeskriminalamt wollte den Fall auf Anfrage der taz nicht kommentieren. UWE RADA