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Archiv-Artikel

Sprecher wird zum Konkurrenten

Von DKU

Einerseits wollte Matthias Erz nicht mehr im Lübecker Rathaus arbeiten, sondern Liegeräder verkaufen. Er war bis zum Ende des Jahres 2009 Chef des Presseamts und hat selbst gekündigt. „Ich habe nicht ausgehalten, dass es nicht voranging“, sagt Erz. Es seien die falschen Leute an der Macht. „Deformierte Persönlichkeiten“, sagt Erz. Andererseits: Schon als er seinen Hut nahm, schrieb Erz an einem Konzept – Inhalt: Was man als Bürgermeister besser machen könnte als Amtsinhaber Bernd Saxe (SPD).

Fast zwei Jahre später ist es soweit: Der 59-Jährige tritt bei der Wahl im November an. Einzelbewerber Erz wird von der alternativen Wählergruppe Bunt unterstützt. Die hat einen von 60 Sitzen in der Bürgerschaft. Neben Erz gehen ins Rennen: Amtsinhaber Saxe, die ehemalige Hamburger Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU), der grüne Landtagsabgeordnete Thorsten Fürter, Jens Schulz (Die Linke) und der parteilose Harald Klix.

Auch wenn Erz seit inzwischen 16 Jahren in Lübeck lebt, ist ihm seine Herkunft noch immer anzuhören: Er kommt aus dem Rheinland, wuchs in Bendorf in der Nähe von Koblenz auf. Er ging auf eine Klosterschule, wurde Messdiener. In der Nähe seines Heimatorts plante man den Bau des Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich. „Durch den Kontakt zur Anti-Atomkraftbewegung wurde ich erst richtig politisiert“, sagt Erz rückblickend. Er studierte Publizistik, Soziologie und Volkskunde in Mainz, kam in Kontakt mit der Frankfurter Sponti-Szene.

1979 reiste er zum Tunix-Kongress nach Berlin, auf dem auch die taz gegründet wurde, bei deren Vertrieb in Mainz und Koblenz er half. Er wurde Journalist, arbeitete bei der Rhein-Zeitung, erst als Sport- später als Wirtschaftsredakteur. 1995 nahm er als erster Redakteur in Mainz Erziehungsurlaub – statt zurückzukommen, ging er zur Stadt Lübeck.

Die ist heute hochverschuldet, und so würde ein OB Erz die Finanzen sanieren, mehr Transparenz schaffen und besser verwalten. Für den Wahlkampf verplant er 12.500 Euro und hofft auf Spenden: „Es gibt genügend vermögende Leute in Lübeck, deren Herz links schlägt“, sagt er – „und die Saxe weghaben wollen.“ DKU