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Aktiv im Alter: Warum ich „Familienpatin“ geworden bin - mit 80!

Die klassische Familie, so wie wir sie von früher kennen, gibt es heute immer seltener. Arbeitslosigkeit, zu wenige und zu teure Kindergartenplätze, Probleme in der Familie: das ist alles sehr belastend und führt dazu, dass manche Eltern mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert sind.

In Mülheim an der Ruhr haben der Caritas Sozialdienst e. V., das Centrum für bürgerschaftliches Engagement (CBE) und das Bündnis für Familie im Sommer 2006 das Projekt „FamilienStart“ ins Leben gerufen. Ehrenamtliche “Paten“ stehen für zirka ein Jahr jungen Alleinerziehenden oder Eltern nach der Geburt eines Kindes mit Rat und Tat zur Seite. Sie unterstützen sie in der neuen Lebenssituation.

Ein Baby ist da - ein neues Leben, wie schön! Die erfahrenen „Paten“ helfen der Mutter bei der Versorgung und Betreuung des Babys, helfen, eine Wohnung zu finden und einzurichten, helfen, bei Ämtern das nötige Kindergeld zu beantragen usw. Eine rundum schöne Sache zur alltäglichen Entlastung. Und wenn eine Sache gut ist, findet sich immer ein Weg. So auch für mich. Aber reden nützt nicht viel, ich muss einfach etwas „tun“.

Seit einen halben Jahr bin ich „Familienpatin“ von einer jungen, alleinerziehenden Mutter. Sie hat einen kleinen Sohn bekommen. Er ist jetzt drei Jahre alt. Kaum war das Baby da, bekam sie glücklicherweise einen Ausbildungsplatz. Die Mutter konnte deshalb leider nur ein paar Wochen zu Hause bleiben. Gemeinsam fanden wir eine Tagesmutter und auch eine Lösung, sie zu bezahlen. Das Kind ist nun auf der Welt, und ich glaube, es ist schon eine Hilfe, wenn ich der jungen Mutter im Alltag mit meiner Lebenserfahrung ein bisschen unter die Arme greifen kann.

Hilfesuchende können sich an die Schwangerenberatungsstellen wenden. Die, die helfen wollen, wenden sich bitte an das Centrum für bürgerschaftliches Engagement, Mülheim an der Ruhr. Brigitte Block, 80 Jahre

Buchbesprechung: Jung und Alt? Das geht gemeinsam

Fast jeder kennt den Schutzpatron der Reisenden, des Transports und des Verkehrs. Nach der Legende ist Christophorus ein Mensch mit enormen Kräften, der nach einer sinnvollen Aufgabe in seinem Leben sucht. Er fand sie in der bedingungslosen Hingabe an ein Kind, das einsam war und dem er geholfen hat. Ohne zu ahnen, dass ihn das Kind retten würde.

Die Autorin Dana Horáková schreibt in ihrem Buch „Das Christophorus Projekt“ über zwei Randgruppen unserer Gesellschaft, die beide nicht mitten im Leben stehen: die Kinder und die Alten. Werden Kinder in unterschiedlichen Einrichtungen „geparkt“ und abgeschoben, erfahren sie hautnah das Gefühl von Einsamkeit. Sie vermissen nach dem täglichen Kindergarten- oder Schulschluss eine Bezugsperson, die ihnen zuhört und die mit ihnen spricht. Die Alten leiden unter Mangel an Respekt und dem Fehlen sinnvoller Aufgaben. Sie verkümmern in ihrer Einsamkeit und landen im Altenheim. So geraten beide Gruppen in ein Gefühlsvakuum, sie werden depressiv und krank, aggressiv oder kriminell.

Dabei gehören die heutigen Alten zu der Generation, die noch mit den Wertvorstellungen ihrer Eltern aufgewachsen ist und einige dieser Werte an die Kinder von heute weitergeben könnten. Ein Drittel der heute 55-bis 69-Jährigen betreut Enkelkinder und übernimmt Aufgaben, die einst ihre Großeltern für sie übernahmen.

Doch es geht nicht nur um die Enkel. Jedes Gespräch, jeder Austausch mit einem Kind aktiviert neue Energie und Lebenskraft. Ein Kind zu tragen ist nichts Leichtes. Es wird, wie Christophorus erfahren musste, immer schwerer. Und doch lohnt es sich: Ein Kind kann einem alten Menschen das Gefühl geben, wirklich gebraucht zu werden.

Das Schwierigste ist immer der erste Schritt. Man muss sich überwinden und seine Angst vor dem Einbruch von etwas Neuem in die gewohnten Alltagsbahnen bezwingen. Es gibt viele Möglichkeiten, sich zu engagieren: in der eigenen Familie, in der Nachbarschaft, in Kindergärten, Schulen, Gemeinden oder in Projekten wie zum Beispiel dem “Projekt Leihoma/Leihopa“, „Mülheim liest vor“ in Kindergärten und Grundschulen oder „FamilienStart“ (siehe Bericht auf dieser Seite). Ihre Hilfe, „der Dienst am Kind“, wird gebraucht und dankbar angenommen. Dorothea Stehkämper, 67 Jahre

Dana Horáková: „Das Christophorus Projekt. Von der Pflicht der Alten, unsere Kinder zu retten“. Neuer Europa Verlag Leipzig, ISBN 103-86695-360-7

Wohnen im Alter: Was ist das beste Modell?

Vorstellung des Projekts „Sicher wohnen - ein Leben lang“: Im Jahr 2005 ist von der Bertelsmann-Stiftung und dem Kuratorium Deutsche Altershilfe das Projekt „Nachbarschaftszentrum Meinolfstraße“ in Bielefeld im “Werkstattwettbewerb Quartier“ mit dem 1. Preis ausgezeichnet worden. Es hat mich neugierig gemacht, was sich wohl dahinter verbirgt und ob das auch ein Beispiel für unsere Heimatstadt Mülheim an der Ruhr sein könnte. Bereits 1992 hatte die Baugenossenschaft „Freie Scholle“ in Kooperation mit AWO, Diakoniestation und dem Amt für soziale Dienste mit der Entwicklung des Konzepts „Nachbarschaftszentrum“ begonnen. Der demografische Wandel wurde seinerzeit schon sehr ernst genommen.

Dieses gewachsene Konzept setzt neue Schwerpunkte: Weg vom Defizitmodell des Alters, hin zur Selbsthilfe. Leitgedanken sind Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, Beweglichkeit und soziale Teilhabe.

Um Anspruch auf eine Genossenschaftswohnung im Nachbarschaftszentrum zu haben, müssen Geschäftsanteile in Höhe von 5.250 Euro übernommen werden. Die Siedlungen werden so gestaltet, dass ihre Mitglieder für jede Lebensphase die passende Wohnung und ein entsprechendes Wohnumfeld vorfinden. Das ist die Voraussetzung für das Zusammenleben der Generationen in guten Nachbarschaften.

Im Nachbarschaftszentrum bedeutet das: alten- und behindertengerechte, barrierefreie Wohnungen, gewerbliche und gesundheitsdienstliche Einrichtungen, ein Aktivitätszentrum mit Begegnungsmöglichkeiten für alle Generationen, ein Gemeinschaftshaus mit großem Saal und Gästezimmern, mobiler sozialer Dienst, betreute Wohngruppen und Ausleihe von Pflegehilfsmitteln. Eine eigene Altenberatung ist kostenloser Bestandteil der Betreuung vor Ort und ermittelt mit den betroffenen Mitgliedern den individuellen Bedarf. Das erhöht nachhaltig die Wohnsicherheit für die Genossenschaftsmitglieder und ihre Angehörigen und trägt entscheidend zur Wohnzufriedenheit bei.

Vielfältige Unterstützung bietet auch der von der „Freien Scholle“ 1990 gegründete Nachbarschaftshilfe-Verein. Rund 1.600 Mitglieder sind auch hier in dem Verein. Mit ihrem monatlichen Beitrag ermöglichen sie das umfassende Dienstleistungsangebot des Vereins: Putzdienst, Besorgung von Einkäufen, Begleitung zum Arzt, Fahrten zu Angehörigen. Dieses zuverlässige Netz von Diensten rund ums Wohnen ist die Voraussetzung dafür, dass alte Menschen möglichst lange in ihrer Wohnung und in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können.

Das erfolgreiche Projekt wäre ohne das nachbarschaftliche Engagement von zahlreichen ehrenamtlichen HelferInnen in den elf Nachbarschaftstreffs der „Freien Scholle“ nicht denkbar. Die dort von den Mitgliedern selbst organisierten Angebote wie Kindernachmittage und Kaffeetreffs tragen ganz entscheidend zum guten Wohnen in stabilen Nachbarschaften bei. Ein Beispiel für Mülheim? Ich finde: „Ja!“ Zur Nachahmung empfohlen. Rosemarie Mink, 67 Jahre

Ehrenamtlich und ohne Honorar: Warum ich für die Seniorenzeitung arbeite

Wer arbeitet schon gerne ohne Lohn? Ich! Und warum tue ich das? Ich habe drei wunderbare Argumente für meine unentgeltliche Mitarbeit in der Redaktion der Mülheimer Seniorenzeitung Alt? na und!.

Zum einen öffnen sich mir viele Türen bei den unterschiedlichsten Menschen, wenn ich sage, dass ich von der Zeitung komme und über diesen Besuch berichten möchte. In den meisten Fällen finde ich Aufgeschlossenheit und Redebereitschaft, darf Fotos machen und erfahre viel Interessantes, was mir sonst unbekannt bliebe.

Zum anderen werde ich zu zahlreichen Ereignissen eingeladen, die kostenpflichtig oder nur für Fachpublikum geöffnet sind, wie zum Beispiel Messen und Ausstellungen, kulturelle Veranstaltungen, Vereins-und Verbandstagungen, Kongresse und Seminare, über die ich dann schreibe.

Dazu kommt als Drittes, dass ich durch die Redaktionsarbeit Einblick in interessante Bereiche, Themen und Berufe bekomme, die für mich sonst nicht zugänglich wären. Ausgefallene Hobbys, kuriose Beschäftigungen, eigentümliche Tätigkeiten, originelle Zeitgenossen und merkwürdige Begegnungen bereichern mein Leben und zeigen mir, wie bunt es doch ist.

Dieses Vergnügen ist allerdings nur möglich, weil ich aus dem Erwerbsleben ausgeschieden bin und mir für die Arbeit viel Zeit nehmen kann. Das ist einem Berufsredakteur leider nicht möglich, weil der ständig unter Zeitdruck steht.

Neben diesen drei Vorzügen genieße ich bei dieser Tätigkeit aber auch die Gesellschaft netter Leute: einerseits in der Redaktionssitzung - ein buntes Völkchen, mit dem ich mich gerne treffe -, andererseits aber auch bei meinen Recherchen vor Ort. Wer hat denn schon die Chance, immer wieder fremde Menschen anzusprechen und Bereitschaft zu Kontakt und Gespräch zu finden?

Und dann gibt es da noch einen Punkt: Wenn ich durch meine Berichterstattung dem ein oder anderen Leser einen Tipp geben konnte, womit ich ihm ein bisschen geholfen habe, dann habe ich doch - zwar nur ganz ganz wenig, aber doch im winzigen Detail - ein kleines bisschen die Welt verbessert.

Es wäre schön, wenn dieser Effekt ehrenamtlicher Tätigkeit in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen würde. Denn immer mehr in unserem Leben wird immer weniger bezahlbar, sodass die Verknüpfung eines lustvollen Hobbys mit der Hilfe für andere immer mehr Gewicht bekommen wird. Fred Gnuschke, 81 Jahre