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Archiv-Artikel

DIE KLEINE WORTKUNDE (postum)

Posthum oder postum? Das Adjektiv charakterisiert Vorgänge, die nach jemandes Tod geschehen, wie etwa die Verleihung des Medizinnobelpreises an einen eben Verstorbenen. Das schwedische Nobelkomitee hatte am Montag seine Entscheidung bekannt gegeben, dem kanadischen Wissenschaftler Ralph Steinman und zwei seiner Kollegen den Preis für ihre Arbeit zum menschlichen Immunsystem zu verleihen, doch Steinman war am Freitag gestorben. Ausnahmsweise erhält er den Preis postum.

Postum leitet sich her vom lateinischen postumus, „der Letzte“, womit ursprünglich der Letztgeborene gemeint war. Im römischen Recht wurde als postumus aber auch ein Kind bezeichnet, das nach dem Tod des Vaters geboren wurde. In diesem juristischen Sonderfall klingt die moderne Bedeutung des Worts an. Wenn man seinen römischen Ursprung ernst nimmt, verbietet es sich demnach, postum mit „h“ zu schreiben.

Posthum klingt nach Humus, nach tief unter der Erde, und das soll es auch. Die Schreibweise posthum hat sich seit Isidor von Sevilla (560–636) nach und nach vielerorts durchgesetzt. Der Erfinder eines eigenen etymologischen Verfahrens erklärte sich die Sache so: „Als posthum bezeichnen wir denjenigen, der post humationem patris (nach dem Begräbnis des Vaters) geboren wurde.“

Das Adjektiv mit dem überflüssigen „h“ ist auch im Englischen und Französischen gebräuchlich, woran man sieht, wie weit sich Irrtümer verbreiten können, wenn sie bloß plausibel klingen. Die Spanier ließen sich von Isidor nicht beirren. Bei ihnen heißt es bis heute „póstumo“. ULRICH GUTMAIR