: Rambos im US-Regierungsauftrag
Zehn Zivilisten mussten sterben, Iraks Regierung spricht von „kaltblütigem Mord“. Der Skandal um die US-Sicherheitsfirma Blackwater zeigt erneut, wie Privatfirmen im Irak schwer bewaffnet operieren, ohne dass sie belangt werden könnten
VON KARIM EL-GAWHARY
Die US-Diplomaten im Irak stehen seit gestern unter freiwilligem Hausarrest. Die US-Botschaft in Bagdad hat ihren Mitarbeitern alle Fahrten außerhalb der schwer bewachten „grünen Zone“ im Zentrum Bagdads untersagt. Nachdem von der US-Botschaft angeheuerte private Personenschützer der privaten US-Sicherheitsfirma Blackwater am Sonntag an einem geschäftigen Platz mitten in Bagdad das Feuer eröffnet und dabei mindestens zehn Zivilisten getötet hatten, ist nicht nur der Status der Firma, sondern auch der Schutz der Mitarbeiter des US-Außenministeriums in Frage gestellt.
Die irakische Regierung spricht von „kaltblütigem Mord“ und will nun den Status aller privaten Sicherheitsdienste im Land überprüfen lassen. Bereits am Dienstag hatte sie angekündigt, Blackwater die Lizenz zu entziehen.
Was genau am Sonntag geschehen ist, darüber kursieren unterschiedliche Versionen. Die US-Botschaft spricht davon, dass das Sicherheitspersonal, das zur Bewachung eines diplomatischen Konvois abgestellt war, in Reaktion auf eine Autobombe das Feuer eröffnet habe und dabei mehrere Menschen getötet und verletzt worden seien. Die Firma Blackwater behauptet, ihre Mitarbeiter hätten in Selbstverteidigung gehandelt, nachdem der Konvoi beschossen worden war.
Doch zwei irakische Überlebende des Vorfalls erzählen eine völlig andere Geschichte. Hassan Jabr Salma, ein 50-jähriger Anwalt, der selbst mit acht Schusswunden davonkam, erzählt lokalen Reportern, dass er und andere Autofahrer versucht hätten, dem Konvoi Platz zu machen, als aus dem Nichts das Feuer eröffnet wurde. Auch der Taxifahrer Sami Hawas Karim, dem in die Hüfte geschossen worden war, erklärt, er habe für den Konvoi angehalten, als die Wächter plötzlich das Feuer auf ein Auto mit einem Mann, einer Frau und einem Kind eröffnet hätten. Danach, sagt er, sei auf eine Gruppe Straßenarbeiter, den Wagen vor ihm und einen Kleinbus voller Mädchen geschossen worden.
„Nach diesem ungeheuerlichen Angriff auf irakische Bürger werden alle Operationen von privaten und ausländischen Sicherheitsfirmen einer Überprüfung unterzogen“, kündigte der irakische Regierungssprecher Ali al-Dabbgh an. Dabei ist aber unklar, welche Handhabe die irakische Regierung wirklich hat. „Nur die Partei, die sie ins Land gebracht hat, die US-Regierung, kann die Firmen wieder nach Hause schicken“, erklärt Riad Kahwaji, Direktor des Instituts für Nahost- und Golf-Militäranalysen gegenüber dem arabischen Fernsehsender al-Dschasira. Er weist darauf hin, dass die privaten Firmen überhaupt keine irakische Lizenz hätten, die ihnen entzogen werden könnte. Tatsächlich sind der Status der über 180 im Irak operierenden privaten Sicherheitsfirmen und die Frage, wem gegenüber beispielsweise die über tausend Mitarbeiter Blackwaters im Irak rechenschaftspflichtig sind, nicht geklärt.
Am wahrscheinlichsten ist zunächst, dass die irakische Regierung nicht gegen die Firmen vorgehen wird. Sie kann die US-Regierung nicht vor den Kopf stoßen, die auf die private Sicherheit im Irak inzwischen vollkommen angewiesen ist. Bei einem Abzug Blackwaters wäre die Arbeit der US-Diplomaten im Irak ernsthaft in Frage gestellt.
Im vergangenen Dezember hatte ein Blackwater-Mitarbeiter einen Bodyguard des irakischen Vizepräsidenten Adel Abdul Mahdi niedergeschossen. Die Firma Blackwater flog ihren Mitarbeiter schnell zurück in die USA. Bis heute wurde keine Anzeige erstattet. So ähnlich dürfte es wohl auch diesmal ausgehen.