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Archiv-Artikel

Jubel an den Börsen

Die Sorge vor einem Abschwung war zu groß: Die US-Notenbank senkt den Leitzins. Skeptiker warnen trotzdem

Von CHZ

BERLIN rtr/taz ■ Erstmals seit vier Jahren hat die US-Notenbank Fed ihren Leitzins gesenkt – und der Schritt ging weiter als erwartet: Um 50 Basispunkte nahm die Fed Dienstagnacht den Satz zurück. Er beträgt damit 4,75 Prozent. Beobachter waren eher davon ausgegangen, dass der Zins um 25 Basispunkte gesenkt würde. An den Märkten löste das Hochstimmung aus. An der New Yorker Börse schnellte der Dow-Jones-Index in die Höhe und schloss bei 13.739,39 Punkten – ein Plus von 2,51 Prozent. Auch in Tokio und Frankfurt verbuchten die Leitindizes Kurssprünge. Und der Ölpreis schoss auf einen neuen Rekordwert: Ein Fass (159 Liter) kostete in New York erstmals mehr als 82 US-Dollar. „Die Ölmärkte haben Vertrauen gefasst“, sagte ein Rohstoffexperte. Der Euro erreichte zeitweise die Rekordhöhe von 1,3988 Dollar: Die Zinssenkung machte die Geldanlage in Dollar unattraktiver.

„Die Zinssenkung wird als gewisse zusätzliche Hilfe für die Wirtschaft angesehen“, erklärte ein Analyst. Ein anderer meinte allerdings: „Es ist kein gutes Zeichen, dass die Fed so deutlich in den Markt eingreifen muss.“ Denn Auslöser für die Wende in der US-Zinspolitik ist die Immobilienkrise: US-Amerikaner hatten Hypotheken auf ihre Häuser aufgenommen – doch als die Hauspreise fielen, gerieten Kunden und Banken weltweit in Schwierigkeiten. Die meisten Institute verschärften daraufhin ihre Richtlinien für die Vergabe von Hypothekenkrediten.

Diese könnte die Korrektur am Immobilienmarkt verschlimmern und das Wirtschaftswachstum insgesamt belasten, erklärte nun die Notenbank. Der Zinsschritt habe das Ziel, negative Auswirkungen auf die allgemeine Wirtschaft abzuwenden. Denn dadurch werden Kredite für Millionen von Verbrauchern und Unternehmen wieder billiger. Im August war erstmals seit vier Jahren die Zahl der Arbeitsplätze in den USA gesunken – das US-Arbeitsministerium führte das auf die Immobilienkrise zurück. Seither war immer wieder die Sorge vor einer Rezession die Rede gewesen. Bislang stand für die Fed vor allem im Vordergrund, die Inflation zu bekämpfen – und nicht, mit niedrigeren Zinsen die Wirtschaft anzukurbeln.

Experten warnen dennoch: Die Krise auf dem US-Finanzmarkt sei noch nicht beendet. Und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) erklärte, er wolle zwar nicht von einem „Abschwung“ sprechen, ein Dämpfer für die deutsche Wirtschaft sei aber noch nicht gebannt. CHZ

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